Interessante Bücher und Vorträge

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Re: Interessante Bücher und Vorträge

von Azadiyakurdistan am 14.03.2012 03:50

Die kurdische Exilliteratur in Deutschland von den 70er Jahren bis heute

Silav û Rêz
Azad

Antworten Zuletzt bearbeitet am 14.03.2012 03:53.

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Re: Interessante Bücher und Vorträge

von Azadiyakurdistan am 18.07.2012 16:40

Mit „Ro Jin – Sonne des Lebens" liefert der syrische Künstler Berzan Kejo sein Romandebüt ab (erschienen im Sujet Verlag, Bremen 2012). Wie sein Protagonist Dilo wurde auch Kejo in Qamischlo geboren und machte sich in jungen Jahren auf den Weg nach Europa – die autobiographischen Züge sind unübersehbar. Dabei zeichnet Kejo ein vielseitiges Bild der Situation der Kurden im Land sowie der bis heute anhaltenden politisch-religiös motivierten Konflikte in der Region.

Dilo ist sechzehn Jahre alt, als er beschließt, seine Heimat Qamischlo hinter sich zu lassen. Er ist Kurde und leidet daher unter Unterdrückung und Rechtlosigkeit. 1962 entzog die syrische Regierung über 120000 Kurden die Staatsangehörigkeit und degradierte sie zu Menschen zweiter Klasse. Zu Hause in Qamischlo findet Dilo keine Arbeit. Mit seinem Freund Ferhad lungert er auf der Straße herum, stiehlt Autofahrern Musikkassetten um sie auf dem Schwarzmarkt zu verhökern. Während Ferhad mit Mädchen flirtet, leidet Dilo unter dem zermürbenden Konflikt mit seinem autoritären Vater. Er setzt sich in den Kopf, nach Paris auszuwandern, wo in seiner Vorstellung paradiesische Verhältnisse herrschen.

Ohne Abschied setzt er sich eines morgens in den Überlandbus nach Homs. Sein Geld ist knapp. Er plant, bis nach Aleppo zu fahren und sich dort einen Job zu suchen, um das Geld für die Reise nach Europa zusammenzusparen. Immer wieder wird er fortgejagt, wenn seine Arbeitgeber erfahren, dass er Kurde ist, trifft aber auch auf hilfsbereite Menschen, die Hoffnung in ihm aufkeimen lassen. Doch dann wird er zum Opfer der eigenen Naivität. In einem Hotel, in dem er für einen Hungerlohn die Zimmer putzt lernt er die Palästinenser Abu Siad und Nassir kennen, die ihn überreden, sich der PLO im Libanon anzuschließen und gegen die israelische Armee zu kämpfen. Zum einen wittert er seine Chance, mit ihrer Hilfe über die Grenze zu kommen, was mit seinem Staatenlosenausweis nicht ohne Weiteres möglich wäre, zum anderen erinnert er sich an die antiisraelischen Propagandafilme, die er in der Schule gesehen hatte.

In den Bergen nahe Beirut haben sich zahlreiche politische Gruppierungen in Stellung gebracht, die alle ihre ganz eigenen Ziele und Ideologien verfolgen, und die sich untereinander spinnefeind sind. In einem Lager der Fatah lässt sich Dilo zum Soldat ausbilden, und als er mit seinen Kameraden einem israelischen Luftangriff trotzt, nährt das seine Überzeugung, das Richtige zu tun. Das Gemeinschaftsgefühl in der Gruppe und der gemeinsame Feind geben ihm das Gefühl, an etwas Bedeutendem beteiligt zu sein, und zum ersten Mal im Leben erhält er Anerkennung nicht trotz sondern aufgrund seiner kurdischen Abstammung. Doch als ihm erste Zweifel kommen ist es längst zu spät. Die Leitung seiner Gruppe besteht aus ideologisierten Fanatikern, die keinen Widerspruch dulden und schon den kleinsten Fehler brutal vergelten. Erst als er in einer düsteren, modrigen Gefängniszelle sitzt wird ihm klar, dass die Leute, denen er vertraut hat, keinen Deut besser sind als die Feinde, die er aus der Propaganda kennt…

Berzan Kejos Roman ist ein Panoptikum der jüngeren Geschichte des Nahostkonfliktes, er bringt Licht in die undurchsichtigen Verstrickungen und Interessenskonflikte zwischen politischen und religiösen Ideologien, zeichnet schonungslos tragische menschliche Schicksale nach und demonstriert die ganze Absurdität und Sinnlosigkeit eines Kampfes, in dem es nur Verlierer geben kann. (gw)
Datum: 18.07.2012


Silav û Rêz
Azad

Antworten Zuletzt bearbeitet am 18.07.2012 16:43.
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