Studentin besucht Konzert und muss in Terror-Haft

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Studentin besucht Konzert und muss in Terror-Haft

von Azadiyakurdistan am 12.07.2012 23:08

Eine französisch-türkische (kurdische) Studentin wird während ihres Austauschjahrs in der Türkei verhaftet und sitzt seit zwei Monaten im Gefängnis. Grundlage dafür scheint nicht mehr zu sein als der Besuch eines Konzerts und ihr Transparent bei einer Demonstration.



Vom EU-Bildungsprogramm "Erasmus" versprechen sich viele Studenten eine schöne Zeit. Im Jahr 2011 nahmen 230.000 Hochschüler an dem Programm teil und verbrachten ein Jahr oder Monate in einer europäischen Metropole. Interessant ist für viele die Türkei, ein Land, das sich im Umbruch befindet, viel traditionelle Kultur besitzt und die Vorzüge der Weltstadt Istanbul bietet.

Doch Sevil Sevimli bekommt von alldem nichts zu sehen. Da, wo sie ihr Erasmusjahr verbringt, ist die Türkei begrenzt durch Stacheldraht und Mauern. Ihr WG-Zimmer hat keinen Balkon, die Mitbewohner studieren nicht Jura, sondern warten in U-Haft auf ihren Prozess. Genau wie Sevimli. Und es ist nicht unwahrscheinlich, dass aus ihrem Austausch-Jahr eine bis zu zwölf Jahre dauernde Haftstrafe wird.

Eine gewöhnliche Studentin

 

Eigentlich studiert Sevil Sevimli in Lyon Journalismus. Die 20-Jährige ist Tochter kurdischer Einwanderer aus der Türkei, die sich in Frankreich niederließen, wo Sevimli aufwuchs. Auf ihrem Profilfoto im Netzwerk Facebook trägt sie eine Jeans-Jacke, hat dunkle lange Haare, ihr hübsches Gesicht ist braun gebrannt.

Die übrigen Angaben zeichnen das Bild einer selbstbewussten und intelligenten Studentin: Ihr gefallen Bücher von Albert Camus und Karl Marx, sie guckt gern politische Filme und hört Musik von den Beatles, Adele und Grup Yorum.

Die Sympathie zur türkischen Band Grup Yorum könnte ihr jetzt zum Verhängnis werden. Im Frühling gab die sozialistische Gruppe ein Konzert in Istanbul.

Sevimli sah sich den Auftritt der Band, deren Mitglieder Aktivisten für die Rechte von Kurden sind, an. Sie wusste nicht, dass der Besuch solcher Veranstaltungen später Material für eine Anklageschrift gegen sie sein könnte. Auch am 1. Mai war die 20-Jährige unterwegs und hielt bei einer Parade ein Transparent für freie Bildung hoch.

"Keine Verbindungen zu einer Organisation"

Wenige Tage später wird sie in ihrem Wohnort Eskisehir, einer Stadt zwischen Istanbul und Ankara, festgenommen. Der Grund: "Kooperation mit einer terroristischen Vereinigung". Sevimli soll wie fünf weitere inhaftierte Studenten Kontakt zur DHKP-C gehabt haben berichtete der Spiegel.

Die zu deutsch "Revolutionäre Volksbefreiungs-Front" ist eine linksextreme Untergrundorganisation. Sie ist seit mehr als 40 Jahren in der Türkei aktiv und macht sowohl durch politische Texte, als auch mittels vereinzelter terroristischer Anschläge auf sich aufmerksam.

Mutter harrt vor dem Gefängnis aus

"Ich bin eine Studentin, ich habe keine Verbindungen zu irgendeiner Organisation", wird Sevimli über ihren Anwalt zitiert. Und nicht nur sie ist empört: Sevimlis Mutter wartet seit Wochen vor den Gefängnistoren. Der Vater sagte in der französischen Zeitschrift "Nouvelles Armenie": "Meine Frau kehrt nicht ohne ihre Tochter zurück".

Einmal die Woche kann sie die 20-Jährige besuchen. Die Haft-Bedingungen hätten sich verbessert, ließ die Tochter zuletzt über ihre Mutter ausrichten. Auch Freunde und Verwandte organisieren weiteren Protest. Sie drucken T-Shirts und geben Interviews, um auf den Fall aufmerksam zu machen.

Was für Sevimli noch zum Problem werden könnte, ist ihr doppelte Staatsbürgerschaft. Sie ist zwar Französin, wird aber durch ihren türkischen Pass nach türkischem Gesetz behandelt. Andererseits ist ihr aber Unterstützung aus Frankreich sicher. Die Tageszeitung "Le Monde" adressierte vor Kurzem einen Leitartikel an den türkischen Präsidenten.

Der Beitrag prangerte die "Intensivierung der Repressionen" in der Türkei an und forderte: "Sevilmi muss sofort freigelassen werden".Im Titel stellt der Text die Frage, die sich wahrscheinlich auch Familie, Freunde und die Kommilitonen von Sevimli seit zwei Monaten stellen: "Welches Verbrechen hat Sevil Sevimli begangen, Herr Erdogan?".

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