Wie ein kurdischer Bauer die Schein-Welt aufmischt

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Kudo21
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Wie ein kurdischer Bauer die Schein-Welt aufmischt

von Kudo21 am 14.10.2012 17:51

Der einstige irakische Diktator Saddam Hussein prangte bis 2003 auf den Geldscheinen seines Landes. Nach dem Sturz musste ein neues Gesicht her – und die Iraker entschieden sich für Altbekanntes. Von Frank Stocker



Bis 2003 war es keine Frage, wer groß und übermächtig auf den Geldscheinen des Irak prangte: natürlich Saddam Hussein. Nach dessen Sturz stand das Land jedoch vor dem Problem, möglichst schnell eine neue Serie herauszubringen, ohne das Konterfei des einstigen Diktators. Und dabei hatten die Verantwortlichen eine relativ simple Idee: Sie holten einfach die Vorlagen aus der Zeit vor Saddam wieder aus dem Schrank.

So kommt es, dass die Banknoten, die heute im Umlauf sind, allesamt in ähnlicher Form schon in den 70er- und 80er-Jahren existierten. Geändert hat sich nur der Nominalwert der Scheine.

So ist auf dem 50-Dinar-Schein ein Getreidesilo in einem Hafen zu sehen, an dem ein Schiff anlegt. Es soll sich um den Hafen von Basra handeln – allerdings stammt diese Szene aus dem Jahr 1971. Damals war exakt das gleiche Bild auf dem Viertel-Dinar-Schein erschienen. Dieses wurde einfach übernommen, obwohl Basras Hafen inzwischen von Containeranlagen dominiert wird. Ob das einstige Getreidesilo überhaupt noch existiert, ist daher fraglich.

Weit zurück in die Geschichte

Bei anderen Darstellungen sind solche Probleme nicht zu befürchten, denn sie reichen oft weit zurück in die Geschichte. So lebte Abu Ali al-Hasan ibn al-Haitham (kurz auch: Alhazen), der erstmals 1979 auf dem 10-Dinar-Schein und heute auf dem 10.000-Dinar-Schein abgebildet wurde, vor über 1000 Jahren.

Er war bereits zu seiner Zeit ein bekannter Mathematiker und Geometriker. Vor allem in der Optik gelangen ihm wichtige Erkenntnisse. So löste er beispielsweise das sogenannte Alhazensche Problem, bei dem es um die Projektion eines Bildes über Spiegel geht. Ein Teil seiner geometrischen Formeln ist auch auf dem Schein neben ihm abgebildet.

Auch die Abbildungen auf den übrigen Banknoten sind den Irakern allesamt noch aus alten Zeiten bekannt, seien es wichtige Gebäude oder auch eine Darstellung des Kodex Hammurabi auf dem 25.000-Dinar-Schein. Dieser Kodex ist ein literarisches Werk, das im 18. Jahrhundert vor Christus in Mesopotamien entstand. Dessen Bezug zum heutigen Staat ist natürlich sehr fraglich.

Kurden unter Hussein brutal unterdrückt

Anders ist dies bei der Vorderseite dieses Scheins, die überhaupt aus dem Rahmen fällt. Denn dies ist die einzige Abbildung, die zuvor noch auf keiner der alten Dinar-Noten zu sehen war. Gezeigt wird ein kurdischer Bauer, der als solcher aufgrund seiner Tracht zu erkennen ist.

Dies ist insofern revolutionär, als die Kurden zur Zeit Saddam Husseins brutal unterdrückt wurden und auch davor keine anerkannte Minderheit waren. Dass nun einer ihrer Vertreter auf der Banknote mit dem höchsten Wert erscheint, zeigt ihre neue Rolle im heutigen Irak.

Der Bauer wird auch auf den Scheinen erhalten bleiben, wenn die irakische Notenbank im kommenden Jahr – zehn Jahre nach dem Ende der Herrschaft Saddam Husseins – eine neue Banknotenserie herausbringt.

Aber auch die übrigen Darstellungen werden sich nicht stark von den derzeitigen unterscheiden. Nur drei Nullen sollen gestrichen werden. Damit werden die Banknoten den Vorbildern aus den Siebzigern aber sogar noch ähnlicher.

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