Autonomie im Alleingang

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Autonomie im Alleingang

von Azadiyakurdistan am 17.02.2014 16:08



Nach monatelangen Verhandlungen benannte die PKK-nahe Partei PYD nun im Alleingang die Minister einer Regierung für die kurdischen Gebiete Syriens. Das konkurrierende Parteienbündnis KNC droht an Einfluss zu verlieren.

Nils Metzger berichtet aus Derik, Ostsyrien
 

Vor dem Polizeibüro der Kleinstadt Derik weit im Osten Syriens stehen Uniformierte in kleinen Gruppen zusammen und winken den auf Motorrädern vorbei rauschenden Jugendlichen zu. Rote und gelbe Flaggen, nicht wenige mit dem Portrait des inhaftierten Kurdenpolitikers Abdullah Öcalans, haben sie an ihren Gepäckträgern befestigt. An diesem Nachmittag feiern sie die Einlösung eines Versprechens: Vor Monaten hatte Salih Muslim, Parteichef der größten syrisch-kurdischen Partei PYD, zugesagt, eine Übergangsregierung zusammenstellen zu wollen. Gerne mit den übrigen kurdischen Parteien, insbesondere dem eng mit den nordirakischen Kurden verbundenen Kurdischen Nationalrat (KNC), zur Not aber auch ohne sie.

Seit vergangenem Herbst überzogen sich beide Gruppen jedoch mehr mit gegenseitigen Vorwürfen, als konstruktiv an einer Verteilung der Ämter zu arbeiten. Beide Seiten bringen aus ihrer Sicht überzeugende Argumente für das vergiftete Arbeitsklima vor: Die PYD beklagt, der KNC sei untätig und unfähig, letztere fühlt sich durch die übermächtige PYD an den Rand gedrängt und übergangen. Dass die PYD nun bei der Verkündung der Übergangsregierung lediglich auf die Unterstützung zweier kleiner Parteien aus dem KNC-Bündnis zurückgreifen konnte, zeigt, wie verfahren der Prozess ist. Wer nicht mitzieht, bleibt auf der Strecke, so die Strategie der sozialistisch-nationalistisch geprägten Massenbewegung PYD – die bei vielen syrischen Kurden gut ankommt.

Bei der Verkündungszeremonie in Amoudeh, einer Kleinstadt nahe Qamishle, der inoffiziellen kurdischen Hauptstadt Syriens, sprachen neben Vertretern der PYD auch Politiker christlicher Gruppen – immer wieder betont die PYD ihre Allianz mit der Partei der Assyrischen Union, einer der wichtigsten christlichen Gruppierungen des Landes. In den kurdischen Gebieten haben zehntausende syrische Christen Zuflucht vor islamistischen Kämpfern gefunden.

Keine klare Trennung zwischen Parteimiliz und Ordnungsmacht

Bislang soll die Übergangsregierung nur für ein begrenztes Gebiet gelten: die kurdische Enklave Afrin und die Region um die Stadt Kobane, die aktuell von Kämpfern des Al-Qaida-Ablegers »Islamischer Staat in Irak und Syrien« (ISIS) belagert wird, sind vorerst davon ausgenommen. In den vergangenen Monaten hatte die PYD ebenfalls begonnen, von Geschäftsleuten und Bauern in ihren Gebieten Steuern einzutreiben. Mehrfach wurde dabei von Anwohnern kritisiert, dass eine einzelne Partei nicht das Recht dazu habe. Die klare Trennung zwischen Staat und Partei lässt die PYD bislang in weiten Teilen vermissen.

Wichtigste Quelle ihres Einflusses ist die indirekte Kontrolle über inzwischen mehr als 40.000 Milizionäre der kurdischen YPG-Einheiten. Ursprünglich sollten die Truppen rekrutiert werden, um dem steigenden Einfluss islamistischer Gruppen im kurdischen Gebiet etwas entgegen setzen zu können. Formell unterstehen sie dem Obersten Kurdischen Komitee, einen Koordinationsgremium von PYD und KNC – tatsächlich nutzt die PYD die YPG-Milizen aber auch, um Demonstrationen zu unterbinden und konkurrierenden Bewegungen das Leben schwerer zu machen.

Welche direkten Konsequenzen die Verkündung hat, ist unklar. Bislang streben die meisten kurdischen Gruppierungen einen föderalen Staat Syrien an, Damaskus möchte man sich weiterhin begrenzt unterordnen. Zeitgleich verkündete Parteichef Salih Muslim noch am 20. Januar, sich etwa am in Genf stattfindenden Friedensprozess nicht beteiligen zu wollen: »Das Schicksal Kurdistans wird auf dem Schlachtfeld entschieden.« An die in der Schweiz getroffenen Beschlüsse fühle man sich nicht gebunden.

 http://www.zenithonline.de/deutsch/politik//artikel/autonomie-im-alleingang-004008/

Silav û Rêz
Azad

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