Krieg in Kurdistan weitet sich aus

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Guerillera
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Krieg in Kurdistan weitet sich aus

von Guerillera am 24.04.2010 17:39

In ganz Nordkurdistan, aber auch in den südkurdischen Gebieten verschärft sich der Kriegszustand täglich. Nachdem letzte Woche schon durch Artilleriebeschuss der türkischen Armee ein Zivilist getötet wurde, wurden heute wieder etliche Häuser zerstört, landwirtschaftliche Nutzflächen verwüstet und Menschen sowie Tiere verletzt. Es finden mittlerweile auch in den nordwestkurdischen Regionen wie dem Nurhak-Gebirge in der Provinz Maraş heftige Gefechte zwischen HPG und Armee statt. Die Guerilla zeigt damit ihre Präsenz bis weit in den Westen der Türkei und Kurdistans hinein. Weiterhin werden große Mengen Waffen, v.a. Artillerie und Militär nach Şemzinan ($emdinli), Cudi, Gabar und an die Grenze zum Irak gebracht.

$IRNAK – TAUSENDE SOLDATEN BEI NEUER OPERATION
Seit den frühen Morgenstunden des 20.04.10 führt die türkische Armee eine Operation mit Luftunterstützung in den Cudi- und Çıraf-Bergen in der Umgebung von Uludere durch, an der mehrere tausend Soldaten, Spezialeinheiten und Dorfschützer teilnehmen. Weiterhin werden große Mengen Munition und viele Soldaten auch in Zivilfahrzeugen in Richtung Grenze bei Silopi gebracht.
Am gestrigen Abend kam es zu heftigen Gefechten zwischen Guerilla und Militär im Gabar-Gebiet. Es kam zu keinem Verlust an Menschenleben.

TÜRKISCHE KRIEGSFLUGZEUGE ÜBERQUEREN GRENZE
Türkische Kampfflugzeuge überflogen am 20.04.10 mehrfach die Medya-Verteidigungsgebiete der Guerilla (Südkurdistan/Irak), die seit nahezu zwei Monaten unter permanenten Artilleriebeschuss stehen. Auch von Gever (Yüksekova) aus startete eine große Anzahl von Kobra-Hubschraubern in Richtung Grenze.

SÜDKURDISCHE ZIVILBEVÖLKERUNG SCHWER VON BOMBARDIERUNGEN BETROFFEN
Durch den Artilleriebeschuss auf die Gebiete in Südkurdistan, die unter der Kontrolle der Guerilla stehen, erlitt die Zivilbevölkerung im Zap-Gebiet schwere materielle Schäden an Häusern und Landwirtschaft.

DERSIM – DIE OPERATION IN DEN MUNZUR BERGEN DAUERT AN
In den Munzur-Bergen werden u.a. in Pülümür neue militärische Sperrgebiete errichtet und groß angelegte Operationen durchgeführt. Auffällig war insbesondere, dass schwarz gekleidete Spezialeinheiten strategische Punkte besetzt halten.

SAMSUN – HPG BEKENNT SICH ZU VERGELTUNGSANGRIFF
In Samsun bekannte sich die Guerilla zu einer Vergeltungsaktion für die andauernden Angriffe auf die Bevölkerung und die extralegalen Morde von staatlichen Kräften. Diese Vergeltungsaktion, bei der zwei Polizisten ums Leben kamen, wurde nach Aussagen der HPG-Guerilla in Eigeninitiative einer Einheit durchgeführt: „Die Angriffe auf unsere Bevölkerung in der letzten Zeit in Gabar, Cudi, Dersim und auf die Medya-Verteidigungsgebiete, wie auch die in ganz Kurdistan mit Vernichtungsabsicht durchgeführten Angriffe auf unsere Guerilla sowie im Gedenken an unsere Genoss_innen, die diesen Operationen zum Opfer gefallen sind, hat eine unserer Einheiten am 12.04. gegen 22.00 Uhr in Ladik im Kreis Samsun eine Vergeltungsaktion durchgeführt. In Folge der Aktion starben zwei Polizisten.“

Repression, Übergriffe Drohungen und Razzien
Währen der Krieg in den verschiedenen Regionen Kurdistans von Tag zu Tag heftiger wird, nimmt auch der Terror gegen die Zivilbevölkerung zu. Es kommt zu Folterungen, Dorfrazzien, Entführungen und Morddrohungen. Auch die Repressions- und Festnahmewelle, von der in den ersten 3 Monaten dieses Jahres nach aktueller IHD Bilanz 1549 Menschen – von denen sich 503 im Moment in Untersuchungshaft befinden – betroffen sind, setzt sich fort.

MERSIN – MORDVERSUCH AN MITARBEITER DER ZEITUNG AZADIYA WELAT
In Mersin wurde der Mitarbeiter der linken kurdischen Zeitung Azadiya Welat Ali Bilen entführt, zusammengeschlagen und dann ohnmächtig in einem Park liegen gelassen. Er war zuvor von 4 Personen gezwungen worden in ein Auto einzusteigen. Anschließend wurde er ohnmächtig in einem Park gefunden und von zwei Passant_innen ins Krankenhaus gebracht. Dort wurden an seinem Körper die Schlagspuren festgestellt.
Bilen selbst schildert den Hergang folgendermaßen: „Am vorigen Sonntag hatten wir im Güneş Park Bäume gepflanzt. Ich wollte zu dem Park gehen, wo wir diese Bäume gepflanzt hatten. Sie schnitten mir den Weg ab und zwangen mich in ein Auto. Sie drückten meinen Kopf nach unten. Sie zerschnitten mein T-Shirt und steckten einen Teil in meinen Mund, mit dem anderen Teil verbanden sie meine Augen. Sie beschimpften mich. Sie sagten Sachen wie, `Du hast die anderen gesehen, du wirst wie sie sein.´ Sie schlugen mich ständig. Dann sagten sie unter sich: `Wir werden ihn mit Steinen umbringen´. Danach warfen sie mich an einer Stelle aus dem Auto, nahmen Steine in die Hand und schlugen sie mir auf den Kopf. Dann sahen sie in der Nähe des Tatortes ein paar Jugendliche. Sie waren in Panik. … Zu diesem Zeitpunkt war ich noch bei Sinnen und setzte mich an einen Baum. Danach kam irgendjemand und fragte mich, was los sei. Ich erzählte, was mir durch den Kopf ging. Danach erinnere ich mich nicht mehr, ich wurde ohnmächtig.“
Das Ereignis erinnert sehr an den Tod des in Adana an einem Orangenbaum erhängt aufgefundenen Mitarbeiters der Zeitung Azadiya Welat, der vor seinem Tod mehrfach angegriffen und bedroht worden war. Er hatte schon 22. Dezember einen Entführungsversuch erlebt, der jedoch aufgrund seines Widerstandes abgebrochen werden musste. Er war zusammengeschlagen zurückgelassen worden.

ÇELE/ ÇUKURCA – FOLTER AN DREI BDP MITGLIEDERN
In Çukurca sind am 9.04.10 die drei BDP-Mitglieder Murat E., Necdet D. und Ekrem E. von Spezialeinheiten festgenommen mit einem Panzer in die Polizeiquartiere gebracht und gefoltert worden. Daraufhin kamen Hunderte zu einer Protestkundgebung, an der auch der BDP-Bürgermeister teilnahm zusammen.

PATRONE VOR BDP-KREISBÜRO ABGELEGT
Dem BDP-Büro in Batman wurde eine 9 mm Patrone unter der Tür durchgeschoben. Dies wird als offene Drohung wahrgenommen und bekommt auch durch die Tatsache eine besondere Qualität, weil insbesondere in Batman vor allem in den 90er Jahren die vom türkischen Staat aufgebaute faschistische Terrorgruppe Hisbullah viele Menschen umbrachte.

LYNCHANGRIFFE AUF KURD_INNEN IN GIRESUN UND GÜMÜ$HANE
Bei bewaffneten Angriffen durch Dorfbewohner_innen auf kurdische Bauarbeiter in den westtürkischen Orten Giresun und Gümü$hane wurden 5 Personen schwer verletzt. Sie wurden von einem Mob unter Parolen wie „Verflucht sei die PKK“ und „Wir wollen keine Kurden hier“ angegriffen. Aufgrund der Attacken haben eine große Anzahl kurdischer Arbeiter_innen ihre Arbeit aufgegeben und sind, da sie um ihr Leben fürchten, in die kurdischen Gebiete zurückgekehrt. Einer der Vertriebenen erklärte, dass die Dorfbewohner ihnen „5 Minuten gegeben“ haben, um zu verschwinden. Daraufhin nahmen sie die Dinge, die sie auf die Schnelle nehmen konnten. Das, was sie nicht mitnehmen konnten, musste dableiben.

IN Qubînê FÜHREN SOLDATEN DORFRAZZIEN DURCH – 26 FESTNAHMEN
Soldaten führten mehrere Dorfrazzien im Landkeis Qubînê (Be$iri) in der Provinz Êlîh (Batman) durch. Dabei wurden bis jetzt 26 Menschen festgenommen. Die Razzien dauern seit zwei Tagen an.

ÇANAKKALE – 14 STUDENT_INNEN FESTGENOMMEN
In Çanakkale wurden am 20.04. bei Hausdurchsuchungen 14 Student_innen von der Antiterrorpolizei bei Hausdurchsuchungen festgenommen worden. Der Grund wurde bis jetzt nicht bekannt gegeben.

BDP-KREISVORSITZENDER VON AGRI VERHAFTET
Der BDP-Vorsitzende von Agirî (Agri), Halil Aksoy, wurde wegen „Propaganda für eine verbotene Organisation“ in Untersuchungshaft genommen. Er habe mit Reden und dem Mitrufen von Parolen den im Antiterrorgesetz erfassten Straftatbestand begangen.

MERDÎN – STAATSANWALTSCHAFT FORDERT FÜR AKTIVIST_INNEN HOHE HAFTSTRAFEN
Gegen 20 Personen, die im Rahmen der aktuellen Repressionswelle in Merdîn (Mardin) festgenommen worden sind, werden Haftstrafen wegen „Propaganda für eine verbotene Organisation“, „Mitgliedschaft in einer verbotenen Organisation“ oder „Aufbewahrung gefährlicher Materialien“ zwischen 5 und 15 Jahren gefordert.

Quelle: ANF, yüksekovahaber, hakkarinews, 20.04.2010, ISKU

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