Wenn Deutsch zur Herzenssache wird

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GulaKurdistane
Gelöschter Benutzer

Wenn Deutsch zur Herzenssache wird

von GulaKurdistane am 08.12.2010 12:55

Integration Klinik lehnt wegen Sprachproblemen Operation eines Flüchtlings ab - Anwalt reicht Klage ein

Die Erfolgsaussichten der Operation seien wegen der Verständigungsprobleme gering, schreibt die Klinik. Der Anwalt des Herzkranken hält das für Diskriminierung.

Großenkneten - Zwei Männer, beide sind Kurden, beide gehören der Religionsgemeinschaft der Jesiden an. Der eine Mann wuchs in Batman (Türkei) auf, der andere im 250 Kilometer entfernten Mosul (Irak). Das Schicksal verschlug sie beide ins Oldenburger Land – aber angekommen sind sie in unterschiedlichen Welten.

Zwei Lebens-Geschichten
Cahit Tolan wurde vor 33 Jahren in der Türkei geboren. Vier Jahre lang besuchte er eine türkische Schule, dann kam er mit seiner Familie nach Deutschland: erst nach Altenoythe (Landkreis Cloppenburg), dann nach Oldenburg. Er besuchte die Hauptschule, die Realschule, die Fachoberschule, er schrieb sich an der Fachhochschule Bremen ein. Nach dem Vordiplom konnte er auf die Universität wechseln, er studierte Jura. Tolan lächelt: „Wenn ich einmal meine Autobiografie schreibe, dann bekommt sie den Titel: ,Vom Schafhirten zum Rechtsanwalt‘.“ Der 33-Jährige ist jetzt deutscher Staatsbürger, in Oldenburg führt er eine eigene Kanzlei.

Hassan Rashow-Hussein wurde vor 58 Jahren im Irak geboren. Doch der Jeside musste vor dem Regime Saddam Husseins fliehen, seine Familie wurde auseinandergerissen. Rashow-Hussein kam nach Deutschland, im Sommer 2000 wurde er von der Bundesrepublik als Flüchtling anerkannt. Er lebt in Großenkneten und bezieht Hartz IV, richtig Deutsch lernte er nie. Rashow-Hussein sagt: „Ich war zehn Jahre voller Sorge um meine Familie, ich konnte an nichts anderes denken.“ Seit zwei Monaten leben nun endlich Frau und Kinder bei ihm, jetzt will er sich auf ein Leben in Deutschland konzentrieren.

Doch Rashow-Hussein wurde sehr krank, sein Herz liefert nur noch eine Pump-Leistung von 24 Prozent. Die Ärzte sagten, eine Herztransplantation sei vermutlich seine letzte Chance.

Das Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen (HDZ) in Bad Oeynhausen, die größte Transplantationsklinik Europas, lehnte es aber ab, den 58-Jährigen auf die Warteliste für eine Herztransplantation zu nehmen. Begründung: gravierende Verständigungsprobleme aufgrund mangelhafter Deutschkenntnisse des Patienten und die nicht sichere Compliance. „Compliance“, auf Deutsch auch Komplianz, bedeutet so viel wie Therapietreue: Nimmt der Patient nach der OP die lebenswichtigen Medikamente? Kommt er regelmäßig zu Untersuchungen?

Der Ablehnungsbescheid rief Cahit Tolan, den kurdischen Anwalt, auf den Plan: „Die Deutschkenntnisse dürfen bei so einer Entscheidung keine Rolle spielen! Unsere Organe müssen sich nicht integrieren – die sind schließlich bei jedem Menschen gleich!“

Tolan reicht nun Klage beim Amtsgericht Bad Oeynhausen ein. Er sieht in der Ablehnung einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, nach dem niemand aus Gründen der Rasse oder seiner ethnischen Herkunft benachteiligt werden darf. Der Anwalt hofft auf Schmerzensgeld für seinen Mandanten. Weil Geld aber nicht gesund macht, sprach Tolan mit dem Universitätsklinikum Münster. Dort setzten die Ärzte Rashow-Hussein auf die Warteliste für eine Herztransplantation. „Ich habe auch eine ausländische Abstammung“, begründet Tolan sein Engagement, „so ein Fall lässt mich nicht kalt.“

Laut dem deutschen Transplantationsgesetz, Paragraf 12, sind Organe nach Erfolgsaussicht und Dringlichkeit zu vermitteln. Richtlinien der Bundesärztekammer zur Organtransplantation konkretisieren das: Eine unsichere Compliance des Patienten, also Zweifel an seiner „Bereitschaft und Fähigkeit, an den vor und nach einer Transplantation erforderlichen Behandlungen und Untersuchungen mitzuwirken“, können ein Ablehnungsgrund sein. In den Richtlinien steht aber auch: „Sprachliche Verständigungsschwierigkeiten können die Compliance beeinflussen, stehen aber allein einer Transplantation nicht entgegen.“


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Antworten Zuletzt bearbeitet am 08.12.2010 13:04.

Newroz_2010

-, Weiblich

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Beiträge: 677

Re: Wenn Deutsch zur Herzenssache wird

von Newroz_2010 am 08.12.2010 13:35

Bei solchen Fällen immer zu Anwalt und Klage einreichen !!!

Denn es kann ja nicht sein das man einen Menschen der dringend auf Organspende angewiesen ist ihn wegen seiner mangelner Deutschkenntnis wieder nach Hause schickt...

Natürlich ist das Diskrimminierung!!!

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Radikal_Apo...
Gelöschter Benutzer

Re: Wenn Deutsch zur Herzenssache wird

von Radikal_ApoG_Lady am 08.12.2010 16:37

echt heftig, was soll man dazu noch sagen :#:

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