Verantwortliche Militärs müssen endlich vor Gericht gestellt werden

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Kudo21
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Verantwortliche Militärs müssen endlich vor Gericht gestellt werden

von Kudo21 am 09.09.2010 22:16

Im Fall der Tötung der Münchenerin Andrea Wolf gibt esnach nunmehr über sieben Jahrenein Urteil gegen den türkischen Staat: In seiner Entscheidung vom 8.6.2010, verurteilt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die Türkei wegen eines Verstoßes gegen die Europäische Menschen rechtskonvention (EMRK), weil „die nationalen Behörden entgegen den Forderungen von Artikel 2* der Konvention keine adäquate und effektive Untersuchung in Bezug auf das Schicksal der Tochter der Klägerin (Anmerkung: die Mutter von Andrea Wolf ) geführt haben“. Die Türkei wird darüber hinaus zur Zahlung einer „angemessenen Genugtuung für die seelischen Leiden“ an Lilo Wolf, die Mutter der getöteten Andrea Wolf, verurteilt.
Akribisch listen die Richter in ihrem Urteil die einzelnen Punkte der Missachtung und Verletzung der Mindestanforderungen
für ein rechtsstaatliches Ermittlungsverfahren durch die türkischen Justizbehörden auf und rügen dabei insbesondere einerseits die Unterlassungen von Ermittlungen und andererseits die Voreingenommenheit bei der Auswahl von Beweisen, die gerade nicht zur Aufklärung der Tötung beigetragen haben, sondern von vornherein auf die Einstellung des Verfahrens zielten.
Das betrifft im Einzelnen u. a. die Feststellungen des EGMR, dass die türkische Justiz nicht nach dem Auffindungsort des Leichnams von Andrea Wolf gesucht hat, dass benannte und vorhandene Zeugen nicht gehört wurden sowie ungeprüft und einseitig bestimmte Zeugenaussagen übernommen worden sind. Der Gerichtshof beanstandet weiter, dass die türkische Staatsanwaltschaft nicht versucht hat herauszufinden, welche militärischen Einheiten und deren Akteure, die sich dem Vorwurf der Folter und vorsätzlichen Tötung von Andrea Wolf ausgesetzt sehen, an für den Sachverhalt relevanten militärischen Aktionen beteiligt waren. Im Hinblick auf die von der deutschen Justiz der türkischen Justiz zur Verfügung gestellten Beweise kritisiert der EGMR, dass die sich darausergebenden Ermittlungsansätzein keiner Weise für die Aufklärung des Todes von AndreaWolf genutzt wurden. DieseKritik bezieht der Gerichtshofexplizit auch auf die Missachtung der der türkischen Justiz von der Internationalen unabhängigenUntersuchungskommission(IUK) übermittelten Beweise. Der EGMR bestätigt darüber hinaus, dass die Schlussfolgerung der IUK, die im Januar 2003 zu der Klage gegen die Türkei vor demEGMR geführt hatten, sich auf „legitime Verdachtsmomente“ stützen kann: Die Nicht Regierungskommission IUK kam bereits damals zu dem Schluss, dass die Münchenerin Andrea Wolf am 23. Oktober 1998 von der türkischen Armee im Gebiet Van gemeinsam mit anderen Mitgliedern der PKK lebend gefangen genommen und anschließend verhört, gefoltert und hingerichtet worden sei – die Leiche sei von den Soldaten am Ort des Kriegsverbrechens in den Bergen Kurdistans zurück gelassen worden. Auchder EGMR geht davon aus, dass Andrea Wolf dort getötet worden ist. Da dafür jedoch ausreichende gerichtsverwertbare Beweise noch fehlten, die „über jeden Zweifel erhaben“ die Verantwortung des türkischen Militärs beweisen, konnte der Gerichtshof die Türkei nicht auch wegen Verantwortlichkeit für die Tötung und Folter von Andrea Wolf nach Art. 2 EMRK verurteilen. Rechtsanwalt Jörg Arnold, Mitglied im Vorstand des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins und Prozessbevollmächtigter der Mutter von Andrea Wolf: „Die Türkei hat sich eines schweren Verstoßes gegen die Europäische Menschenrechtskonvention schuldig gemacht. Die türkische Justiz hat versagt und offensichtlich aus politischem Interesse eine adäquate Aufklärung des Todes von Andrea Wolf seit Jahren unterlassen. Es ist zu hoffen, dass das Urteil des EGMR dazu führt, dass die Ermittlungen in der Türkei wieder aufgenommen werden, wozu es auch juristischer und politischer Anstrengungen durch die Bundesrepublik Deutschland bedarf. “ Rechtsanwältin Angelika Lex, die die Internationale Unabhängige Untersuchungskommission (IUK) vertritt: „Das Urteil ist eine schallende Ohrfeige für den türkischen Staat. Jetzt müssen endlich die verantwortlichen Militärs, die Andrea Wolf gefoltert und vorsätzlich getötet haben, ermittelt und vor Gericht gestellt werden. Deshalb fordern wir die Staatsanwaltschaft Frankfurt dazu auf, die Ermittlungen im Fall Andrea Wolf wieder aufzunehmen, die überlebenden Zeugen des Kriegsverbrechens zu vernehmen und gemeinsam mit der IUK eine Öffnung des Grabes von Andrea Wolf und eine Obduktion durch internationale Gerichtsmediziner vorzubereiten. Dazu werden wir weitere Beweise vorlegen.“ Oskar Schmid, Mitglied der IUK: „Es darf kein Vergessen geben – auch dann nicht, wenn man für die Aufklärung von Menschenrechtsverletzungen wie der extralegalen Hinrichtung von Andrea Wolf Jahrzehnte braucht: Denn Kriegsverbrecher und staatliche Folterer dürfen und können sich nie in Sicherheit wiegen. Deswegen ist das Urteil des EGMR so bedeutend: Jetzt ist auch für die Türkei die Zeit gekommen, dass die Verantwortlichen für Folter und Tötung zur Rechenschaft gezogen werden müssen. Dafür sind die Impulse von außen nötig, genauso wie die Initiativen demokratischer Kräfte in der Türkei selbst.“ (Internationale Unabhängige Unt e r s u c h u n g s k o m m i s s i o n (IUK), 8.9.2010)

Antworten Zuletzt bearbeitet am 10.09.2010 03:09.

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