Protest gegen PKK-Verbot

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Kudo21
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Protest gegen PKK-Verbot

von Kudo21 am 29.11.2013 01:59



 

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Re: Protest gegen PKK-Verbot

von Kudo21 am 29.11.2013 02:01



Über 15.000 Menschen haben am Samstag 16. November in Berlin gegen das seit 20 Jahren bestehende Verbot der Arbeiterpartei Kurdistans PKK demonstriert. Mit der Demonstration wurde zudem die Hoffnung ausgedrückt, den derzeit ins Stocken geratenen Friedensprozess zwischen der türkischen Regierung und der PKK voranzutreiben. Die Mehrzahl der Demonstrationsteilnehmer waren bundesweit, zahlreich auch aus NRW, und den Nachbarländern angereiste Kurdinnen und Kurden. Doch auch Antifagruppen und Mitglieder deutscher und türkischer sozialistischer Gruppierungen zogen in einem großen internationalistischen Block mit.

 

Veranstalter der Demonstration war das seit rund vier Jahren bestehende Kampagnebündnis "Tatort Kurdistan". DIE LINKE. NRW gehört zu den Unterstützern dieses bundesweiten Zusammenschlusses von Kurdistan-Solidaritätsgruppen, Rüstungsexportgegnern und sozialistischen Gruppierungen, der die deutsche Rolle bei Krieg und Unterdrückung in Kurdistan anprangert. "Kein Frieden ohne Freiheit und Gleichheit" so die Bundesvorsitzende der DIDF Özlem Alev Demirel in Ihrer Rede auf der Demonstration.
Der Co-Vorsitzende der im türkischen Parlament vertretenen prokurdischen linken Partei für Demokratie und Frieden (BDP) Selahattin Demirtas bezeichnete auf der Abschlusskundgebung am Brandenburger Tor das deutsche PKK-Verbot und die Aufnahme der PKK in die EU-Terrorliste ernsthafte Hindernisse für den Friedensprozess in der Türkei und Kurdistan. Eine Fortsetzung dieser Verbotspolitik durch die Bundesregierung bedeute, keinen Frieden zu wollen. Demirtas nannte es einen juristischen Skandal, dass selbst Bilder des inhaftierten PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan, der derzeit mit der türkischen Regierung über Lösungsmöglichkeiten der kurdischen Frage verhandelt, in Deutschland verboten sind. In Kurdistan dagegen habe die Bevölkerung es inzwischen auf allen Ebenen durchgesetzt, diese Bilder ihres Repräsentanten in den Friedensverhandlungen öffentlich zu zeigen. In Deutschland lebten eine Million Kurden, von denen viele hinter der PKK stehen. Es sei unmöglich, diese Menschen als Terroristen zu diffamieren, so Demirtas.
Der damalige Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) hatte das Betätigungsverbot gegen die PKK am 26. November 1993 erlassen. Als unmittelbarer Anlass dienten Attacken aufgebrachter Kurden auf türkische Institutionen, Reisebüros und Teestuben, mit denen sie gegen die Bombardierung der kurdischen Stadt Lice durch die türkische Armee protestieren wollten. Doch diese Gewalttaten, für die die PKK verantwortlich gemacht wurde, spielten in der Verbotsbegründung nicht die zentrale Rolle. Vielmehr standen in dem in enger Abstimmung mit der türkischen Regierung erlassenen Verbot außenpolitische Interessen im Zentrum: "Die politische Agitation der PKK und ihr nahestehender Organisationen hat zwischenzeitlich ein außenpolitisch nicht mehr vertretbares Ausmaß erreicht. Die deutsche Außenpolitik und die Außenpolitik der gesamten westlichen Welt tritt für Integrität eines wichtigen NATO-, WEU- und Europapartners im Interesse des Friedens in der gesamten Region ein. Eine weitere Duldung der PKK-Aktivitäten in Deutschland würde diese deutsche Außenpolitik unglaubwürdig machen und das Vertrauen eines wichtigen Bündnispartners, auf das Wert gelegt wird, untergraben."

Seit dem Verbot der PKK wurden Dutzende Kulturvereine und eine Vielzahl von Veranstaltungen verboten, hunderte Vereinsräume und Privatwohnungen durchsucht und Tausende Menschen zu Geld- oder Haftstrafen verurteilt, weil sie für den Befreiungskampf gespendet oder PKK-Symbole auf Demos gezeigt hatten. PKK-Kader wurden nach Paragraphen 129 wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung nach 129a wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und mittlerweile auch nach 129b StGB wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung zu Haftstrafen verurteilt. Derzeit laufen weitere Terrorismusprozesse gegen Kurden in Düsseldorf und Stuttgart, denen in Europa keinerlei Gewalttaten vorgeworfen werden. Einhergehend mit dem PKK-Verbot fand eine mediale Dämonisierung der PKK statt, Kurde wurde in der Öffentlichkeit geradezu zum Synonym für Terrorist. Eine kritisch-solidarische Auseinandersetzung mit der PKK, ihren Zielen und Methoden stand damit ebenso unter dem Damoklesschwert wie jegliches Eintreten für das Selbstbestimmungsrecht der Kurden, wenn damit keine Distanzierung von der PKK verbunden ist.

Selbst die Forderung nach Aufhebung des PKK-Verbots konnte durch eben dieses Verbot kriminalisiert werden. So war vor zwei Jahren eine Demonstration zum 18. Jahrestag des Verbots verboten worden. Als sich dennoch Kurden stattdessen einer Antifa-Demo in Berlin-Kreuzberg anschlossen, kam es zu heftigen Auseinandersetzungen mit der Polizei. In diesem Jahr zeigte sich die Polizei kooperativer. Zwar wurden eine Reihe von anreisenden Demonstrationsteilnehmern, bei denen PKK-Fahnen gefunden wurden, wegen Verstoßes gegen das PKK-Verbot angezeigt. Doch während der Demonstration hielt sich die mit einem Großaufgebot bereitstehende Polizei weitgehend im Hintergrund und sah auf der Abschlusskundgebung großzügig über die nun mehrfach geschwenkten PKK-Fahnen hinweg.

Die Berliner Demonstration hat eindrucksvoll bewiesen, dass auch 20 Jahre Illegalität die Verbundenheit vieler Kurdinnen und Kurden in Deutschland mit der Befreiungsbewegung in ihrer früheren Heimat nicht zerstören konnten. Die Bundesregierung sollte endlich die Realitäten anerkennen und dieses damit obsolet gewordene Verbot , das Zehntausende Menschen in ihren demokratischen Rechten einschränkt, aufheben. Das wäre zugleich ein deutliches Signal an die türkische Regierung von Ministerpräsident Erdogan, den Friedensprozess mit der PKK ernsthaft fortzusetzen. Denn trotz fast einjähriger Waffenruhe hat Erdogan seinen wohlklingenden Worten von Geschwisterlichkeit und Gleichberechtigung bislang keine Taten folgen lassen. Weder wurden die über 8000 zivilen politischen Gefangenen freigelassen, noch kurdischsprachiger Schulunterricht eingeführt, um einige der zentralen Forderungen Öcalans und der PKK für eine Fortsetzung des Friedensprozesses zu benennen. Dass die Waffen schweigen, ist ein Wert für sich. Doch ohne Gerechtigkeit und die Ankerkennung der Rechte der Kurden kann es keinen dauerhaften und stabilen Frieden geben. Erdogan sollte diese Chance nicht leichtfertig verspielen.

 

www.dielinke-nrw.de

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