Farce statt Einigung

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GulaKurdistane
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Farce statt Einigung

von GulaKurdistane am 10.11.2010 18:32

Zerstrittene irakische Parteien treffen sich in Erbil


Außer Spesen nichts gewesen könnte es über einem Treffen in der nordirakischen Kurdenmetropole Erbil heißen, das vorschnell schon als »Einigung für eine neue Regierung in Bagdad« dargestellt worden war. Nach acht Monaten Stillstand seit den irakischen Parlamentswahlen im März war das Treffen am Montag an sich schon ein Ereignis. Nachdem weder der Einfluß Washingtons noch ein Eingreifen Teherans, weder Damaskus noch Riad die zerstrittenen irakischen Parteien an einen Tisch zu bringen vermocht hatten, möchte nun Masud Barsani, Präsident der kurdischen Autonomieregion und kurdischer Clanchef, als Vermittler für die nächste irakische Regierung in die Geschichte eingehen. Alle Parteiführer aus Bagdad hatte er nach Erbil eingeladen, und sie waren auch alle gekommen.

Erstmals seit Monaten saßen Wahlsieger Ijad Allawi (Al-Irakia-Liste) als auch sein Widersacher Nuri Al-Maliki (Allianz für Rechtsstaatlichkeit) an einem Tisch, zwischen ihnen der kurdische Präsident und Clanführer Dschalal Talabani. Ziel des Treffens sei die Einigung auf eine Machtteilung, hieß es in Agenturmeldungen. Nach zwei Stunden allerdings war alles vorbei und man verabredete sich für den nächsten Tag in Bagdad.

Die »Machtteilung« bedeutet de facto, daß Maliki und Talabani sich darauf geeinigt haben, ihre bisherigen Posten als Ministerpräsident bzw. Präsident zu behalten. Ijad Allawi und der Al-Irakia, wird angeboten, künftig den Parlamentssprecher zu stellen. Der soll am Donnerstag vom Parlament in Bagdad gewählt werden, das in den letzten acht Monaten erst einmal zusammengetreten war.

Allawi beansprucht weiterhin eine »gleichberechtigte« Position in der neuen Regierung, die »schnell gewählt« und »das Ergebnis der Wahlen widerspiegeln« soll. Sein Wahlbündnis war Anfang März als stärkste Kraft aus den Parlamentswahlen hervorgegangen, weswegen Allawi den Posten des Ministerpräsidenten anstrebte. Allerdings ist sein Vorsprung vor der Allianz für Rechtsstaatlichkeit von Maliki so gering, daß er auf eine Koalitionsregierung mit anderen Parteien angewiesen ist, sie aber nicht zustandebrachte. Dem von seinem Posten nicht weichenden Maliki warf Allawi »Amtsmißbrauch« vor und forderte eine Verfassungsänderung, um die Machtbefugnisse des Ministerpräsidenten künftig einzuschränken.

Maliki hatte für die Zustimmung der Kurdistan-Allianz zu ihm als Ministerpräsidenten 18 von deren 19 Forderungen unterzeichnet. Die Al-Irakia-Liste hatte dagegen nur neun Forderungen zugestimmt. Maliki macht damit den Kurden weitreichende Zugeständnisse, wobei fraglich ist, ob er sie einhalten wird. Beispielsweise sollen die Vetobefugnisse des Präsidenten ausgeweitet und die Zustimmung zum kurdischen Öl- und Gasgesetz erteilt werden, inklusive dem Recht auf Förderung und Export.



jungewelt

Antworten Zuletzt bearbeitet am 10.11.2010 18:33.

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