Verfolgt durch die Kurden?

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Kudo21
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Verfolgt durch die Kurden?

von Kudo21 am 10.11.2010 22:23

Kleine Minderheiten in der Ebene von Mossul erheben schwere Vorwürfe gegen die Kurden - zum Beispiel die Schabak, die fürchten, ihr Land solle annektiert und ihre Identität ausgelöscht werden. Der Konflikt gilt als Testfall für den Streit um Kirkuk



20. Juli 2010

Die Schabak, eine kleine Minderheit in der Ebene um die nordirakische Stadt Mossul, erheben gegen die Kurden schwere Vorwürfe. Unter Saddam Hussein seien die Schabak als Folge der Arabisierung verfolgt worden, sagt Hunain Kaddo, der die Gemeinschaft im irakischen Parlament vertritt. In den vergangenen Jahren habe nun die Verfolgung durch irakische Kurden zugenommen, die den Schabak eine kurdische Identität aufzwingen wollten.

Im irakischen Parlament haben die Christen fünf garantierte Abgeordnete. Jeweils ein Sitz ist für die Sabäer, Yeziden und Schabak reserviert. Die Zahl der um Mossul lebenden Schabak wird auf mehr als 50.000 geschätzt.


Hunain Kaddo, irakischer Parlamentsabgeordneter der Minderheit der Schabak.Hunain Kaddo, irakischer Parlamentsabgeordneter der Minderheit der Schabak.

Von Saddam Hussein verfolgt

Ein halbes Jahrtausend hatten die Schabak in Frieden mit den Arabern und Kurden, mit den Christen und Yeziden in der fruchtbaren Ebene von Mossul gelebt. Noch heute sind sie überwiegend Landwirte. Sie sprechen eine indoeuropäische Sprache, die mit dem Kurdischen, Persischen und der Sprache der Belutschen verwandt ist. Die Schabak seien jedoch eine eigenständige Ethnie mit einer eigenen Kultur und einer eigenen Sprache, sagt Kaddo.

Von Saddam Hussein seien sie verfolgt worden, weil sich mehr als zwei Drittel der Schabak zum schiitischen Islam bekennen. So hatte Saddam Hussein mehr als fünfzig Schabak unter dem Vorwand hinrichten lassen, sie seien Mitglieder der verbotenen schiitischen Untergrundorganisation Daawa. Viele Schabak nahmen daher arabische Namen an.

Seit 2003 seien die Schabak Opfer der Kurden und sunnitischer Terrorgruppen geworden, sagt Kaddo. Mehr als Tausend Schabak seien seither ermordet worden, allein seit Anfang 2010 zwanzig Schabak durch die kurdischen Peschmerga. Qusayy Abbas, einer ihrer führenden Mitglieder, wurde am 28. Dezember 2009 entführt, bei einem Attentat am 7. März 2010 wurde er schwer verwundet. Abbas Kazem, Vorstandsmitglied der Partei „Demokratischen Versammlung der Schabak“, wurde in der Region Bakeesha von Mitarbeitern des kurdischen Geheimdienstes Asayash ermordet.

„Sie wollen unser Land“

Ziel der Verfolgung sei, das Gebiet der Schabak zu annektieren, sagt Kaddo. „Sie wollen unser Land, wir wollen aber nicht Teil der kurdischen Region sein.“ Als Kaddo in der Region Bakeesha Wahlkampf gemacht habe, hätten die Kurden den Schabak mit Deportation gedroht, sollten sie für ihn stimmen. Er sei erst dann bereit, mit Massud Barzani, dem Präsidenten von Irakisch-Kurdistan, zu sprechen, sobald er die Peschmerga aus der Ebene der Schabak abgezogen und die ethnische Eigenständigkeit der Schabak anerkannt habe, sagt Kaddo. Für seine Haltung habe er die Unterstützung der Partei Iraqiyya von Allawi und den Brüdern Nudschaifi, die in Mossul die arabisch-nationalistischen Sunniten anführen.

Kleine Fortschritte zeichnen sich in dem Konflikt zwischen den Kurden und den kleinen Minderheiten in der Ebene von Mossul ab. So haben die Kurden und die arabische Hadhba-Liste der Nudschaifis unlängst politische Gefangene ausgetauscht. Das war das Ergebnis von Verhandlungen eines Unterausschusses, den eine ranghohe Kommission zur Lösung der Konflikte in und um Mossul eingesetzt hatte. Auf den Ausschuss hatten sich Barzani, Athil Nudschaifi, der amerikanische General Odierno und der stellvertretende Ministerpräsident Issawi verständigt.


Iraker beim Freitagsgebet in Mossul, Irak. (Archivaufnahme)


Volkszählung und Referendum


Mahmud Othman, ein prominenter kurdischer Abgeordneter im irakischen Parlament, gesteht ein, dass es Konflikte zwischen der kurdischen Partei KDP und den Schabak gibt. Er bestreitet indes, dass alle Vorwürfe Kaddos zutreffen und fordert ihn auf, sich an die Gerichte zu wenden. Ein Teil der Schabak behaupte, sie seien eine eigenständige Ethnie, ein anderer aber, sie seien Kurden, sie sagt Othman. Einige Schabak seien daher Mitglieder der KDP Barzanis, der auch Othman angehört.

Die Konflikte könnten leicht beigelegt werden, glaubt Othman. Keine Gruppe könne in der Region alleine regieren. Entscheidend seien eine Partnerschaft von Arabern und Kurden sowie eine Teilung der Macht. Die Konflikte zu den umstrittenen Regionen könnten beigelegt werden, würde Artikel 114 der Verfassung angewandt werden, sagt Othman. Der schreibt eine Volkszählung vor und danach ein Referendum, zu welcher Provinz die Einwohner einer Region zugeschlagen werden wollen.

Das Vorgehen im Konflikt um Mossul gilt als wichtig, weil es Rückschlüsse über die Möglichkeiten einer Entschärfung des noch komplizierten Konflikts um die umstrittene Ölstadt Kirkuk zulässt, die von Kurden, Arabern und Turkmenen gleichermaßen beansprucht wird.

Text: F.A.Z.
Bildmaterial: AFP, AP
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