Der Iran-PJAK-Krieg und das iranische BTC

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Der Iran-PJAK-Krieg und das iranische BTC

von Azadiyakurdistan am 03.08.2011 22:30

Von M. Ali Çelebi

Während über den Zeitraum des Krieges zwischen dem Iran und der PJAK diskutiert wurde, kam heraus, dass zwischen den drei Staaten [Türkei, Iran und Irak] eine auffallende Phase durchlebt wird. Mit einem Abkommen zwischen den Staaten Türkei, Iran und Irak wird das 10 Milliarden $ schwere Projekt für den Energietransport ans Mittelmeer vorbereitet. Ein ähnliches Konzept wie in den 90ern zur Phase der Baku-Ceyhan-Tiflis-Pipelines für 3 Milliarden $, als man gegen die PKK vorging, wird entwickelt.

Wahrscheinlich wird der Iran-PJAK-Krieg, der seit dem 16. Juli in dem Kandil-Gebiet tobt, um eine gewisse Zeit verlängert. Denn das iranische BTC [Baku-Ceyhan-Tiflis-Pipeline] steht auf der Tagesordnung. Und die AKP-Regierung, die Ishik Koshaner [ehemaliger Generalstabschef] und die Oberkommandierenden der Streitkräfte kurz vor der Sitzung des YA$ [Hoher Militärrat] zum Rücktritt brachte, treibt den Iran zur Eskalation des Krieges an. Obwohl beide Seiten sich in gewissen Punkten widersprechen, sind sie in vielen Punkten aufeinander angewiesen.
Wenn wir auf die Grundstränge eingehen; in beiden Staaten stellt die kurdische Opposition eine Gefahr für den Status quo. Auch wenn sie diese Opposition nicht komplett aus dem Weg räumen können, gehen sie koordiniert gegen sie vor, um sie einzuschüchtern.
Auf Grund des steigenden Erdgasbedarfs durch die Industrie und die privaten Haushalte, ist Ankara neben Russland auch auf den Iran angewiesen.
Die Türkei hat erkannt, dass sie, solange ihre Beziehungen mit dem Iran positiv sind, innerhalb des neu entstandenen Gleichgewichts im Irak tun und lassen kann was sie wollen. Denn Im Irak wurde die sunnitische Dominanz geschwächt und die Schiiten, die die Mehrheit bilden, gewinnen weiter an Einfluss. Ankara ist sich bewusst, dass sie auch mehr Einfluss über Syrien verfügen wird, wenn sie ihre enge Zusammenarbeit mit dem Iran ausweiten können.
Dank der Freundschaft zu Teheran konnte die Türkei leichter in Kontakt mit der Regierung der Nusairier treten. (Der Aufstand in Syrien könnte diese Balance jederzeit ins Schwanken bringen.) Auch beteiligt sich Ankara mit Hilfe der Kontakte zum Iran, der großen Einfluss auf die Hisbollah und die schiitische Bevölkerung hat, im großen Spiel in Libanon. Mit der durch diese Achse geschöpften Energie spielt sie eine Rolle in dem Dreieck palästinensische Regierung-Hamas-Israel.
Der Iran wiederum sieht die Türkei als Fenster, um sich Gehör zum Westen zu verschaffen. Er war bisher dankbar für die Unterstützung seitens Ankaras während der Atomwaffenkrise. Die AKP-Regierung unterschrieb im Mai 2010 einen Vertrag mit der Regierung von Ahmadinedschad in Teheran zum Uran-Austausch. Danach, im Juni 2010, erklärte die Türkei im UN-Sicherheitsrat ihr „Nein“ zu neuen Sanktionen gegen den Iran. Auch in der Zukunft möchte der Iran sowohl in der kurdischen Frage als auch in der Atomkrise die Unterstützung Ankaras.

Al-Malikis Sühne
Die Regierung in Teheran, die diese Kontakte nutzen möchte, nahm den Krieg gegen die PJAK auf und holte sich die Regierungen in Bagdad und Ankara mit ins Boot. Die Parole lautete „bis die PJAK vernichtet wird“. Doch als die Verluste sogar bis in die Kommandantenebene gingen, machte sich der Iran hektisch auf die Suche nach anderer Unterstützung. Am 26. Juli erklärte der Sprecher des iranischen Außenministeriums Ramin Mihmanperest, dass sie von Deutschland die Ausweisung der PJAK-Führung verlangen. Auch fügte Mihmanperest hinzu, dass sie von der Regierung Nuri al-Malikis im Irak ebenso Ausweisungen verlangt haben. Die größte Unterstützung erwartet der Iran eigentlich vom Irak. Sie rechnen sich aus, dass Bagdad die Regierung der Autonomen Region Kurdistan unter Druck setzt und das Kandil-Gebirge umzingelt. Die Messlatte der Erwartungen in der Hinsicht wurde dadurch hochgeschraubt, dass der heimliche Konflikt zwischen dem Irak und der KDP [Demokratische Partei Kurdistans] andauert und Talabanî ihnen nahe steht. Der Iran sieht Nuri al-Maliki als Schachfigur. Denn al-Maliki ist dankbar, dass der Iran damals die Regierungsbildung durch Iyad Allawi von der Irakischen Liste mit intensivem Bemühen verhinderte und er dadurch den Posten des Ministerpräsidenten behalten konnte. Al-Maliki, der in der Vergangenheit unter dem Schutz des Irans lebte, vermutet, dass der Iran an Einfluss gewinnen wird, wenn die US-Truppen wie versprochen am Jahresende abziehen, verlässt die Umlaufbahn des Irans nicht.
Die Türkei, die syrische Regierung und der Hisbollah-Führer gaben sich mit dem Iran in der monatelangen Krise große Mühe, damit eine al-Maliki-Regierung entstehen konnte. Der Iran sorgte auch dafür, dass die Mahdi-Armee unter der Führung des schiitischen Oppositionellen Muktada al-Sadr ihren Konflikt mit al-Maliki pausierte. In diesem Rahmen vertilgt al-Maliki eine seiner Sühnen, indem er der grenzüberschreitenden Operation des Irans zustimmte. Es wurde registriert, dass Qasim Sulejmani [einflussreichster Kommandant der Revolutionären Garden], der direkt dem geistlichen Führer des Irans [Ajatollah Ali Chamenei] untersteht, während Entscheidungsphasen bei al-Maliki war und auf Befehl Angriffe organisierte.

Das iranische BTC
Wegen dem Druck des Westens, dem Embargo und der übertriebenen Bewaffnung steckt der Iran in großen Schwierigkeiten. Während man sich fragte, wieso er der PJAK den Krieg in einer Phase erklärte, in der er auf den Export angewiesen wie noch nie ist, kam ein Faktor zum Vorschein, der eine Rolle des Timings spielt. Neue wirtschaftliche Mittel wurden als Trumpf gegen Ankara und Bagdad eingesetzt. Während die Gefechte noch andauern, wurde am 25. Juli in Assaluyeh, wo die Erdgasvorkommen liegen, ein Abkommen zum Transport des iranischen Erdgases über Syrien und dem Irak unterzeichnet. Für eine Vielfalt des Pipelinenetzes – und damit keine Probleme mit Ankara auftreten – soll auch eine Pipeline über die Türkei gehen.
Wie wird es ermöglicht, dass die 10 Milliarden $ schwere Iran-Irak-Syrien-Pipeline ins Leben gerufen wird? (Die Kosten sind fast so hoch wie bei der Nabucco-Pipeline.) Damit die Pipeline die syrischen Häfen erreichen kann, muss sie über die Autonome Region Kurdistan gehen. Um die Sicherheit der Pipeline zu gewährleisten, werden die Statuslosigkeit der Kurden und die Liquidierung von PJAK sowie der PKK geplant. (Eine ähnliche Operation wie in den 90er Jahren, während der Phase der 3 Milliarden $ Pipeline – Baku-Tiflis-Ceyhan-BTC – als der PKK-Vorsitzende Abdullah Öcalan im Rahmen des USA-Türkei-Konzepts zur Liquidierung der kurdischen Freiheitsbewegung Syrien verlassen musste. Wenn die USA sich gegen Syrien richten und den Irak verlassen, möchten sie in der Region keine starke Organisation.) Somit wird man auch die Regierung in Hewler unter Kontrolle halten. Der Iran glaubt, dass er sowohl die Vorkommen in Basra benutzen, als auch Bagdad kontrollieren zu können. Im Gegenzug für diese Pipeline wird man von Bagdad ein noch härteres Vorgehen gegen die Kurden verlangen und versuchen, das politische Gleichgewicht in der Autonomen Region Kurdistan ins Schwanken zu bringen.
Beide Staaten führen auch Gespräche über das Stromnetz. Damit ihnen nichts in die Quere kommt, bekommt auch die Türkei etwas ab. Am 27. Juli unterzeichnete man mit der Türkei einen Vertrag bezüglich Warenexporte in Höhe von 100 Millionen $ – zollfrei. Der Anteil an Ackerbauprodukten beträgt 50% und die der Industrieprodukte ebenso 50%.
Was aber beide Staaten nicht sehen wollen und vor dem sie ihre Augen verschließen wollen, ist ihre Legitimität und die Konjunkturschwankung. Weder die Macht der USA konnte die sich aus Tunesien und Ägypten verbreitenden Widerstandsflammen und die Fackeln der Freiheit der Völker löschen noch werden die Pläne von Teheran und Ankara ihnen Geld einbringen.

Quelle: ANF, 01.08.2011, ISKU

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