Die zerrissene Familie

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Kudo21
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Die zerrissene Familie

von Kudo21 am 08.04.2012 13:22

Yusuf Araz, 24, darf nicht im selben Land leben wie seine Familie. Verzweifelt kämpft der junge Kurde dafür, bei Mutter, Vater, Brüdern und Schwestern in Deutschland zu sein – doch das strenge Ausländerrecht reißt sie auseinander.



Im Kindergartenalter kommt Yusuf Araz nach Deutschland – zusammen mit seinen Eltern Sadi und Gülden, den Brüdern Ahmet, Hasan und Hüseyin sowie den Schwestern Emine und Günes. Die Familie stammt aus Mardin, einer vorwiegend von Kurden und Arabern bewohnten Stadt im Südosten der Türkei. Die syrische und die irakische Grenze sind nur wenige Kilometer entfernt.

Für den kleinen Yusuf Araz ist Mardin eine fremde Stadt geblieben. „Es war für uns selbstverständlich, in Deutschland zu leben", sagt der Kamener, der fünf, sechs Jahre alt war, als seine Eltern in Deutschland Asyl beantragten. Sie sagen, dass sie wegen ihrer kurdischen Herkunft in der Türkei verfolgt wurden.

Die Schulzeit ist schwierig für Yusuf. Die sprachlichen Hürden für das Kurdisch sprechende Kind sind groß, und die Familie lebt im Asylverfahren immer in der Ungewissheit, abgeschoben zu werden. „Die Angst war immer im Kopf", sagt der 24-Jährige. Er besucht die Südschule, die Friedrich-Ebert-Schule – und schließlich bis zur zehnten Klasse die Käthe-Kollwitz-Schule. Im Grundschulalter spielt er Fußball beim Kamener SC, später kickt er in der A-Jugend beim BSV Heeren. „Das ist meine Heimat", sagt er über Kamen.

Den 9. März 2006 wird Yusuf nicht vergessen. Er ist 18 Jahre alt und wird zusammen mit den Geschwistern Ahmet und Emine zum Ausländeramt in Unna zitiert. Denn volljährige Kinder haben kein Recht, im Land zu bleiben, nur weil ihre Eltern nicht abgeschoben werden können. „Wir wurden festgenommen und in die Abschiebehaft gebracht. Von dort ging es zum Flughafen – und dann nach Istanbul."

Die Abschiebung – ein Schockmoment. Auf dem Flughafen in Istanbul wird er von türkischen Beamten stundenlang verhört, ob seine Familie Kontakte zur verbotenen kurdischen Partei PKK pflegt. Zum ersten Mal erfährt er bewusst wegen seiner kurdischen Herkunft Ablehnung. „Ich hatte nie Probleme mit der Polizei in Deutschland, meine Akte ist sauber. Wenn ich im Knast gewesen wäre, okay, dann hätten sie recht mit der Abschiebung. Aber wo sind die Menschenrechte?", fragt er.

Die nächste Station der Geschwister ist Mardin, wo Yusuf seit der Ausreise seiner Eltern nicht mehr gewesen ist. Ein Onkel nimmt ihn auf. 2007 wird er zum türkischen Militär eingezogen. Eine Station ist Zypern. „Dort wurde ich beschimpft: Du Deutscher. Und wenn ein Kurde die türkische Hymne falsch gesungen hat, bekam er zur Strafe Schläge", berichtet er. Im Militär ist nur Türkisch erlaubt.

Nach dem Wehrdienst will Yusuf Araz diese Zeit der Erniedrigung vergessen. Soldaten, die die kurdischen Bewohner im Dorf des Onkels drangsalieren, lassen ihm keine Ruhe. Araz geht nach Istanbul, wo er zunächst bei einer Tante wohnt. Durch Freunde findet er Arbeit auf dem Bau. „Mein Traum ist, in Deutschland meinen Hauptschulabschluss nachzuholen und eine Ausbildung als Fliesenleger zu machen", sagt er.

Dass der Kurde mit Politik nichts zu tun haben will, wie er sagt, hindert die Freunde nicht daran, an seine Ehre zu appellieren. Die kurdischen Rechte müssten verteidigt werden. Erst geht Araz zu Treffen der kurdischen Partei DTP, nach ihrem Verbot zur Nachfolgepartei BDP. Araz erlebt am eigenen Leib, wie der türkische Staat Minderheiten unterdrückt. Als er nach einer Demonstration festgenommen wird, schlägt ihm ein Beamter den Kopf mit voller Wucht auf den Tisch.

Als Yusuf Araz als Spitzel angeworben werden soll, will er nur noch weg. Nach einer viertägigen Fahrt kommt er am 8. Februar an Bord eines Lastwagens in Dortmund an. Das Wiedersehen mit der Familie wird heimlich gefeiert, denn der türkische Staatsbürger ist illegal eingereist. Seine Schwester Emine, die mit ihm abgeschoben worden war, ist bereits legal wieder in Deutschland, weil sie inzwischen geheiratet hat. Nur noch Bruder Ahmet befindet sich in der Türkei.

Die Familie schaltet Anwälte ein, um ein Asylverfahren für den Sohn Yusuf in Gang zu bringen. Der Antrag der Eltern ist inzwischen anerkannt, was Yusufs jüngeren Geschwistern das Aufenthaltsrecht sichert. Sie leben längst nicht mehr in einem Übergangsheim, sondern in einer Mietwohnung. Der Vater, ein ehemaliger Kraftfahrer, hat Arbeit gefunden. Die Mutter leidet noch immer unter der Trennung der Familie.

Die Anwälte informieren das Amt, dass Yusuf Araz in Deutschland ist, doch es geht etwas schief. „Ausgerechnet an dem Tag, an dem ich dort hingehe, ist der Sachbearbeiter krank, der alle Absprachen kennt", sagt der Kamener. Er wird erneut festgenommen, sitzt drei Wochen in Abschiebehaft, bis er freigelassen wird. Endlich nach Hause.

Yusuf Araz darf keiner Arbeit oder Ausbildung nachgehen, wartet auf eine Behördenentscheidung. Gelegentlich geht er in die Ditib-Moschee an der Grimmstraße. Zusammen mit anderen Jugendlichen aus dem islamischen Verein hilft er bei der Aktion „Frühjahrsputz". Dort begegnete ihm Ortsvorsteher Heinz Henning, der ihm ein Gespräch mit dem Bürgermeister vermittelt. „Er tut mir leid", sagt Henning. „Der Junge hat fast sein ganzes Leben hier in Kamen gelebt. Seine Eltern leben hier, seine Geschwister leben hier, nur er nicht. Es geht doch ungerecht zu auf der Welt."

Yusuf Araz holt einen Ausweis aus der Tasche. „Aufenthaltsgestattung" steht darauf. Und ein Datum: 15.6.2012. Nur noch zwei Monate Zeit bleiben ihm mit der Familie.

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Re: Die zerrissene Familie

von Azadiyakurdistan am 09.04.2012 13:50

Das ist kein einzelfall und wird es auch nicht sein. Immer wieder hört man solche Geschichten wo Familien getrentt werden, noch trauriger ist, dass diese Menschen keine kriminelle sind oder sowas ähnliches. Man unterbringt bei sich Kriminelle, Drogendealer etc. aber solche junge Menschen die ein normales Leben führen möchten, werden abgeschoben.

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Re: Die zerrissene Familie

von Mervan.Peyam am 20.05.2012 00:15

^Das tut einem sehr leid mit der Familie.
Ich denke die Kurden sind die meisten die darunter leiden weit von Familie und Verwandten zu leben.
 

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