Ein Kunstprojekt versucht die Versöhnung von Türken, Armeniern und Kurden
[ Nach unten | Zum letzten Beitrag | Thema abonnieren | Neueste Beiträge zuerst ]
Ein Kunstprojekt versucht die Versöhnung von Türken, Armeniern und Kurden
von Kudo21 am 12.04.2012 12:59
Sie verfolgen ein ambitioniertes Ziel: Mit ihrem Kunstprojekt "Frozen" will eine Gruppe türkischer, armenischer und kurdischer Künstler gemeinsam die politische Eiszeit durchbrechen und den Grundstein legen für eine Neudefinition der Türkei als multikultureller Gesellschaft.
Ein Videointerview des türkischen Filmemachers Erhan Ariks, in dem eine alte Frau in Armenien über die Ermordung ihrer ganzen Familie während des Genozids erzählt, provozierte in der Türkei einen Skandal. Bis heute ist die Vertreibung und Ermordung von geschätzten eineinhalb Millionen christlichen Armeniern im Ersten Weltkrieg ein Tabuthema in der Türkei. Doch seit der Ermordung des armenischen Journalisten Hrant Dink, der nach einer Fernsehdebatte über den Genozid an den Armeniern von radikalen türkischen Nationalisten erschossen worden war, geht ein tiefer Riss durch die türkische Gesellschaft. In regelrechten Grabenkämpfen ringen gemäßigte und radikale Kräfte wie zu Zeiten der Staatsgründung um die Deutungshoheit über die Frage der nationalen Identität.
"Wer und was ist türkisch?" Das sei bis heute die zentrale Frage der offiziellen staatlichen Kulturpolitik in der Türkei, urteilt Erhan Arik. Mit ihrem Kunstprojekt "Eingefroren" wollen nun armenische, türkische und kurdische Künstler gemeinsam den Grundstein legen für eine Neudefinition der Türkei als multikulturelle Gesellschaft. Die Künstler wollen eine Versöhnung zwischen Armeniern, Türken und Kurden erreichen, durch eine gemeinsame Aufarbeitung der Vergangenheit. Ozge Celikaslan hat die Kunstkampagne mit initiiert.
Mit ihren Performances, Straßenkunst- und Videoprojekten haben die Künstler Diskussionsprozesse in Gang gesetzt, die so vorher undenkbar waren. Ziel sei immer gewesen, erläutert die armenische Kulturmanagerin Armine Avetasjan, die lokalen Gemeinschaften in den Kunstprozess einzubeziehen.
Fast jede armenische Familie hatte bei der Vertreibung aus Ostanatolien im ersten Weltkrieg Tote zu beklagen. Dieses Trauma zu thematisieren, den damit verbundenen Schmerz verständlich zu machen, war ein zentrales Element vieler Kunstprojekte. Erhan Arik hat sich individuelle Familiengeschichten erzählen lassen und sie per Video aufgezeichnet. Am Anfang war es für den türkischen Fotographen schwer, das Vertrauen von Armeniern zu gewinnen. Schließlich konnte der 28-Jährige einige Familien dazu bewegen, ihm ihre privaten Fotoalben zu zeigen.
Viele Armenier, die erst nichts mit Türken wie ihm zu tun haben wollten, waren später ganz begeistert vom dem Projekt, erzählt Arik. Diese ersten persönlichen Beziehungen zu schaffen, sei der größte Erfolg des Kunstprojekts.