Jetzt machen die Kurden in Syrien mobil

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Kudo21
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Jetzt machen die Kurden in Syrien mobil

von Kudo21 am 03.08.2013 21:45

Die kurdische Minderheit erklärt den Islamisten den Krieg. Der Konflikt innerhalb der Anti-Assad-Koalition eskalierte nach dem Mord an einem kurdischem Politiker und Angriffen auf die Ölquellen

 

Sie haben den Islamisten den offenen Krieg erklärt und zur Generalmobilmachung aufgerufen. Die Partei der Demokratischen Union (Ypd) in Syrien wendete sich diese Woche an das kurdische Volk und forderte "jeden, der fähig ist, eine Waffen zu tragen", sich den "Verteidigungskomitees" anzuschließen. Die Partei-Milizen sollen vor den "Angriffen der dschihadistischen bewaffneten Gruppen schützen".

Gemeint sind damit Dschabhat al-Nusra und der Islamische Staat im Irak und Syrien (Isis). Beide sind Al-Qaida-Organisationen, wobei al-Nusra sich als eigenständige, syrische Filiale versteht, während Isis ein Teil des irakischen Terrornetzwerks ist.

In der Kriegserklärung der Pyd werden der Syrische Nationalrat und die Führung der Freien Syrischen Armee (FSA) für diese gefährliche Eskalation verantwortlich gemacht. "Trotz mehrfacher Appelle, haben diese Organisationen versagt, eine klare Position einzunehmen." Die Al-Qaida-Milizen gelten als die schlagkräftigsten und erfolgreichsten Truppen der Rebellen im Kampf gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad.

Weder der Nationalrat, noch die Freie Syrische Armee können sich gegen al-Nusra und Isis stellen. Die Extremisten, die besser bewaffnet und jeder Zeit bereit sind, als Märtyrer zu sterben, werden an der Front gebraucht. Die Söldner al-Qaidas haben sich innerhalb der letzten zwei Jahre zu einem bestimmenden Machtfaktor im syrischen Bürgerkrieg entwickelt.

Es begann mit dem Mord an einem ranghohen Kurden

Zum Aufruf zur Generalmobilmachung kam es, nachdem ein prominentes Mitglied des obersten kurdischen Rats ermordet worden war. Der 60-jährige Isa Huso starb durch eine Autobombe in Kamischli, einem Grenzort zur Türkei im Norden des Landes. Zwischen Islamisten und den Kurden, die rund 10 Prozent der syrischen Bevölkerung ausmachen, war es in der Vergangenheit mehrfach zu schweren bewaffneten Auseinandersetzungen gekommen. 

Zuletzt in Ras al-Ain, ebenfalls ein Grenzort zum türkische Nachbarland. Die kurdischen Milizen besiegten dort Dschabhat al-Nusra und das nicht zum ersten Mal. Bereits im vergangenen Jahr erteilten die Verteidigungskomitees den Islamisten in Aleppo eine empfindliche Niederlage, als sie am Ende des Ramadans in ein Kurdenviertel der Industriemetropole eindringen wollten.

 

PKK ist mit dabei

Die Milizen der Pyd werden von Kämpfern der nahestehenden kurdischen Arbeiterpartei (PKK) verstärkt. Die PKK kämpfte über drei Jahrzehnte lang für einen unabhängigen Kurdenstaat in der Region, bis ihr Führer Abdullah Öcalan im Mai einen Waffenstillstand mit der Türkei erklärte. Die kurdischen Kämpfer sind erfahren und gut ausgebildet.

In ihren Reihen kämpfen auch Frauen, was für die Islamisten undenkbar ist. Sie wollen das weibliche Geschlecht als Mutter im Haus und am Herd sehen. Schon gar nicht an der Front und das auch noch unverschleiert, wie es die kurdischen Frauen sind. "Wir sind völlig gleichberechtigt", sagt Rocan, eine kurdische Kommandeurin. Die 27-Jährige hat im Iran, im Irak und in der Türkei gekämpft. Im Alter von 14 Jahren trug sie zum ersten Mal eine Waffe. Heute befehligt sie in Aleppo eine Frauenbrigade mit 100 Kämpferinnen.

Die türkische PKK sowie ihr syrischer Ableger Pyd sind politisch links und säkular orientiert. Die Präsenz von radikal-islamistischen Gruppen wurde in den von Kurden kontrollierten Gebieten während des Bürgerkriegs nie geduldet. Man versteht die islamistische Vision eines Kalifats auf der Basis des islamischen Rechts der Scharia als Bedrohung der kulturellen Identität und Freiheit des kurdischen Volkes.

Es geht auch um Ölfelder

Der Konflikt zwischen beiden Parteien hat jedoch nicht nur ideologische Gründe. Es geht auch um die Sicherung von Ressourcen. In den Kurdengebieten im Nordosten liegen die großen Ölfelder von Rmeilan und Suweidiah. Bei den gestiegenen Benzinpreisen sichern sie Einkünfte in Millionenhöhe. Damit kann man die eigene Bevölkerung unterstützen, aber natürlich ebenso Waffen und Munition kaufen. Islamistische Gruppen versuchten mehrfach, diese Ölfelder einzunehmen.

Daran beteiligt waren nicht nur Dschabhat al-Nusra und Isis, sondern auch Ahrar al-Scham, die wohl größte radikal-islamistische Organisation in Syrien. Die Freien Männer Syriens gehören nicht zu al-Qaida, wollen aber ebenfalls die Herrschaft eines Emirs in einem Kalifat.

Dschabhat al-Nusra und Isis haben bereits Ölfelder in der Nähe der Stadt Deir Zor im Osten Syriens besetzt. Sollten sie auch noch die kurdischen Ölquellen erobern, würden sie einen beträchtlichen Anteil des gesamten Benzinmarktes in Syrien kontrollieren.

Die Islamisten mögen ideologisch wirr und fern jeder Realität erscheinen, was aber die Kriegs-Ökonomie betrifft, sind sie clever. In Aleppo besetzten sie reihenweise Fabriken. Wenn Unternehmen nicht rentabel gemacht werden konnten, verkaufte man den Maschinenpark in die Türkei.

Der Brotmangel dient nur als Vorwand

Als in Aleppo Brotmangel herrschte, übernahm Dschabhat al-Nusra die Organisation der Bäckereien. Die Menschen bekamen wieder Brot, aber dafür kontrollierten sie die Getreideernte und die Produktion von Mehl. "Sie sind sehr gute Kämpfer", sagt Abu Ali, ein FSA-Kommandant in Aleppo. "Aber sie bestehlen und plündern das syrische Volk nach Strich und Faden. Sie wollen sich ökonomisch unabhängig machen und dabei ist ihnen jedes Mittel Recht."

Andere Gruppen, die aus ihrer Ablehnung der Islamisten keinen Hehl machten, verschwanden von einem Tag auf den anderen. Sie wurden der Korruption beschuldigt, ihre Führer verhaftet und die Waffen beschlagnahmt. "Nachdem wir Assad besiegt haben, müssen wir diese Islamisten bekämpfen", erklärt Abu Ali nachdenklich, aber bestimmt. "Da bleibt uns keine Wahl, wenn wir Demokratie wollen."

Die Kurden haben diesen Kampf jetzt schon aufgenommen. Es ist der erste, erklärte Krieg unter den Rebellen – die erste Front entlang ethnischer Linien. Gleichzeitig hat die Pyd hat eine autonome Verwaltung in den von ihr kontrollierten Gebieten angekündigt.

Die Türkei wollte ein staatsähnliches Gebilde der Kurden an ihrer Südgrenze nie tolerieren. Trotzdem wurde Saleh Muslim, der Führer der Pyd, für zweitägige Gespräche nach Istanbul eingeladen. Der Besuch zeigt, wie schnell aus Gegnern Freunde werden können, wenn es plötzlich einen großen gemeinsamen Feind gibt. 

 Welt.de

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