Kurde in Syrien: "Ich wurde nur als ,Tier' bezeichnet"

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Kurde in Syrien: "Ich wurde nur als ,Tier' bezeichnet"

von Azadiyakurdistan am 23.06.2012 19:59

(von Cay Kamphorst) In der letzten Samstag-Ausgabe vom STADTSPIEGEL berichteten wir über das Flüchtlingsschicksal von Sarah Hussain. Im zweiten und letzten Teil berichten wir von Sirop Hasso aus Syrien.

Der 27jährige Sirop Hasso stammt aus Syrien. Dort werden Kurden und auch Menschen, die dem jesidischen Glauben angehören, stark unterdrückt. Sirop Hasso ist Kurde und Jeside. Perwin Hajo erklärt: „Jesidische Kurden leben auf den Dörfern und werden nicht ausgebildet. Da gibt es natürlich auch absolut fanatische Anhänger, von denen sich aber die eigentliche jesidische Gemeinde strikt distanziert."

Als Sirop Hasso 2000 zum Militär eingezogen wurde, bekam er das harte Regime erst recht zu spüren. „Wir Kurden durften dort nicht in unserer Muttersprache sprechen, sondern ausschließlich arabisch. Wurden wir doch bei Gesprächen auf kurdisch erwischt, gab es umgehend Schläge und den schweren Vorwurf, Regimegegner zu sein." Drei Jahre dauerte die Militärzeit, in der er immer wieder Misshandlungen und Erniedrigungen erdulden musste. Als seine Zeit dort dann endlich vorbei war, wurde sein jüngerer Bruder eingezogen. Er musste das gleiche Schicksal ertragen. Jedoch wurde er so heftig geprügelt und gequält, dass er nicht mehr leben wollte und vorhatte, sich von einem Hochhaus zu stürzen. Ein kurdischer Kamerad beim Militär half dem Bruder dann ins Krankenhaus.
Dort besuchte Sirop Hasso seinen jüngeren Bruder und fand ihn von den Schlägen gezeichnet und bewusstlos vor. „Da packte mich die blanke Wut und ich fragte, warum immer nur die Kurden verprügelt würden." Der Stationsarzt wollte davon nichts wissen und erwiderte, dass es doch keine Kurden als Minderheit gebe und sie alle gemeinschaftlich Syrier seien. „Ich sagte ihm, dass ich das selbst zuvor beim Militär erlebt hatte." Nach zwei Wochen konnte der kleine Bruder zwar das Krankenhaus verlassen, kam aber erst einmal in die Familie zur Rehabilitation. Nach einem Jahr musste er in den Militärdienst wieder zurück.
Sirop Hasso wurde von da an fast täglich vom Geheimdienst abgeholt und wegen seiner Aussage im Militärkrankenhaus verhört. „Sie wollten wissen, warum ich mich als Kurde und nicht als Syrier bezeichne. Mir wurde vorgeworfen, ich sei ein Gegner der Regierung und wolle mich dem nicht anpassen."
Schläge habe er zwar nicht bekommen, aber: „Ich kam in ein sehr kleines Büro mit vielen starken Männern, die mich psychisch stark unter Druck setzten und verbal quälten. So wurde ich ständig als ‚Tier' bezeichnet und nie mit meinem Namen angesprochen."
Schließlich war es der Vater, der dem Sohn die Flucht aus dem Land nahelegte. „Er sagte, es sei besser, wenn ich Syrien verlasse. Sonst sei noch die ganze Familie in Gefahr."
So landete der 27jährige in Deutschland. „Ich habe immer schon von diesem Land geträumt", lächelt er. „Ich fand die Fußballmannschaften so toll und ich wusste, dass es hier viele Jesiden gibt. Zwar habe ich keine Familie hier, aber wenigstens die Gemeinde."
Er stehe aber in Kontakt zu seiner Familie. „Mein Bruder ist inzwischen aus dem Militärdienst entlassen worden. Aber er ist psychisch am Ende und kaum lebensfähig."
Seine Familie wurde wohl befragt, wo der 27jährige abgeblieben sei. „Mein Vater sagte, dass er das nicht wisse und dass ich ja einen syrischen Pass habe und es wohl Aufgabe des Militärs sei zu wissen, wo sich die Bürger aufhalten." Ansonsten hatte die Familie aber keine weiteren Problem mehr.
Wie extrem der Hass in Syrien unter der kurdischen und arabischen Bevölkerung ist, zeigt ein Beispiel. „Bei einem Fußballspiel zweier Dörfer, in dem einen lebten mehr Kurden, in dem anderen mehr arabische , ist der Hass derart eskaliert, dass es ein großes Massaker gab, bei dem sogar das Militär kam und nur noch blind in die Menge schoss. Es gab viele Tote."
Sirop Hasso fühle sich „sehr wohl" in Deutschland. „Hier bin ich als Mensch angenommen. Ich fühle keinen Unterschied zu anderen Menschen, auch wenn ich Kurde und Jeside bin. Ich möchte zwar meine Familie wiedersehen, aber nicht mehr zurück nach Syrien."
„Sarah und Sirop nur zwei Schicksale von vielen, die wir während des Asylverfahrens begleitet haben",erklärt die studierte Architektin und Sozialpädagogin Perwin Hasso von Verein IFAK e.V. in der Bahnhofstraße 60. „Jetzt ist das Verfahren abgeschlossen. Seit Januar haben beide eine dreijährige befristete Aufenthaltsgenehmigung und wir können sie sozusagen ins Leben entlassen. Sie können jetzt an Integrations- und Sprachkursen teilnehmen, Wohnung und Arbeit finden."

Quelle..

Silav û Rêz
Azad

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