Kurdmania-Interview mit KSJ (Kurdistans Studenten & Jugend in Deutschland e.V.)

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Kurdmania-Interview mit KSJ (Kurdistans Studenten & Jugend in Deutschland e.V.)

von Azadiyakurdistan am 15.05.2012 14:43



Kurdmania möchte über die Aktivitäten der kurdischen Jugendlichen in den deutschen Hochschulen und in der Gesellschaft informieren. Nachdem sich bereits am 08.05.2009 KurdSV vorstellte, führt Kurdmania diesmal ein Interview mit „Kurdistans Studenten & Jugend in Deutschland e.V." (KSJ). In der Eigenbeschreibung versteht sich KSJ „als Botschafter Kurdistans und versucht durch unterschiedliche Aktivitäten in unterschiedlichen Bereichen die kurdische Kultur bekannt zu machen." Für das folgende Interview mit KSJ steht Asty, Gründungsmitglied und Mitglied des Vorstandes von KSJ, zur Verfügung.

KM: Hallo Asty, wie geht es Dir? Endlich haben wir die Zeit gefunden gemeinsam über "KSJ" zu sprechen. Kannst du unseren Lesern etwas zur Gründungsgeschichte von KSJ erzählen?

Asty: Mir geht es super, ich hoffe Dir auch.

Zuerst einmal vorweg: Vielen Dank für die Möglichkeit unseren Verein hier vorstellen zu dürfen. Ich verfolge Kurdmania schon sehr lange und halte es hinsichtlich der Kurden für ein sehr informatives Portal im Internet. Eure Redaktion leistet wirklich sehr gute Arbeit!

Also, die Grundidee für unseren Verein begann sich im Jahr 2009 zu entwickeln. Damals wurde eine Konferenz durch Südkurden einberufen, mit der Absicht die- bis dato – „müden" südkurdischen Studenten und Jugendliche zu mobilisieren und die Möglichkeiten einer Gründung eines Vereins für eben diese zu besprechen. Es funktionierte, wir tauschten Kontaktdaten aus und begannen, jenseits der Erwachsenen, untereinander in Kontakt zu treten.
Unsere größten Sprünge haben wir eins bis zwei Jahre später vollzogen, als wir unsere Pläne und Aufgabenbereiche konkretisierten und uns im Vereinsregister eintrugen.
2011 begannen wir eine eigene Facebook-Gruppe zu gründen, welche zur Folge hatte, dass wir u.a. ein schnelleres Wachstum unserer Bekanntheit und eine wachsende Mitgliederzahl verzeichnen konnten.

KM: Spricht Euer Verein also speziell nur die Südkurden an?

Asty: Unser Ziel war es vor allem die südkurdischen Studenten und Jugendliche anzusprechen, da diese bis jetzt nur sehr schwach in irgendeiner Weise organisiert waren. Unser Vereinsname wurde aber ganz bewusst so gewählt, da wir Kurden aus allen vier Teilen Kurdistans bei uns als Mitglieder wünschen. Unser Verein hat eine Mitgliederbasis, die aus allen vier Teilen Kurdistans stammt. Ich selbst bin übrigens auch zu großem Anteil aus Ostkurdistan.

KM: Wie viele Mitglieder zählt KSJ heute?

Asty: Unsere Mitgliederzahl beläuft sich zurzeit auf 58. Wobei wir bei Veranstaltungen auch oft fleißige Helfer hatten, die nicht in dieser Zahl enthalten sind.

KM: Wie würdest Du KSJ beschreiben? Habt ihr eine ideologische oder religiöse Ausrichtung, gar ein Wertesystem, dem ihr folgt?

Asty: Frei von jedweder ideologischen Ausrichtung sind wir natürlich nicht, denn natürlich streben wir an als Vertreter der kurdischen Studenten und Jugendlichen in Deutschland verstanden zu werden und ihre Interessen wahrzunehmen. Wir selbst sind jedoch frei von jeder parteipolitischen und religiösen Ausrichtung und agieren unabhängig.

KM: "Frei von jeglicher ideologischen Ausrichtung sind wir natürlich nicht" sagtest Du. Wie würdest Du Deine Ideologie beschreiben?

Asty: Ich sehe mich als Demokraten, dem die Einhaltung der Menschenrechte und die Bekämpfung von Ungerechtigkeiten sehr wichtig sind. Ich kann mich selbst kaum in ein einziges politisches Spektrum einordnen, je nach Themengebiet schwanken diese von dem eines Liberalen, Sozialdemokraten, Konservativen oder Grünen. Mich kann man aber als kurdischen Patrioten bezeichnen, der sich sowohl 1. seiner Heimat Kurdistan als auch 2. seiner Heimat Deutschland verbunden fühlt.

KM: Welche Ziele habt Ihr euch in der Gründungsphase gesetzt? Welche Bilanz würdest Du im Hinblick auf Eure Arbeit in der Vergangenheit ziehen? Welche Ziele werdet Ihr in Zukunft verfolgen?

Asty: Unser Ziel war es vor allem ein funktionierendes und einsatzbereites Netzwerk an kurdischen Studenten und Jugendlichen in Deutschland zu bilden.

Rückblickend würde ich sagen, dass wir für diese Zeit gute Arbeit geleistet haben. Und trotzdem müssen wir uns bemühen noch mehr zu tun.

Aktuell sind wir u.a. dabei eine Reihe von „Bildungsabende" zu organisieren. Diese kann man sich als eine Art Seminar vorstellen, deren Referenten sich aus unseren Mitgliedern zusammensetzen und womit wir beabsichtigen Themen über Kurden in Deutschland und Kurdistan auf hohem Niveau zu behandeln und mit dem Publikum auszudiskutieren. Zurzeit besuchen diese Bildungsabende vor allem unsere Mitglieder und deren Freunde. Für die Zukunft ist hier beispielsweise geplant, solche Veranstaltungen öffentlicher zu gestalten und damit eine breitere Masse anzusprechen.

KM: Welche Bildungsabende hattet Ihr bis jetzt? Auf welche Bildungsabende darf man sich freuen? Werden auch Referenten eingeladen?

Asty: Unser Format „Bildungsabend" ist noch relativ frisch. Bis jetzt hatten wir eine Veranstaltung zum Thema „Korruption in der autonomen Region Kurdistans",welche sehr positive Resonanz erhielt. In Kürze wird ein Bildungsabend veranstaltet, der sich mit der Thematik „Wirtschaftliches Potenzial in Südkurdistan" befassen wird. Gespannt sein darf man in Zukunft aber u.a. auch auf: „Vergleich verschiedener Bildungssysteme", „Staatsgründung / Unabhängigkeit Kurdistans" und „Historische Entwicklung von Südkurdistan".Externe Referenten sind speziell für diese Formate noch nicht vorgesehen, aber wir versuchen Referenten in naher Zukunft, im Rahmen einer größeren Version der Bildungsabende, einzuladen.

KM: Wie beurteilst Du die Ergebnisse der Vernetzungstreffen zwischen den verschiedenen Gruppen von Studierenden aus Kurdistan? Gibt es Hoffnung, dass trotz aller Differenzen ein neuer, konstruktiver Ansatz gefunden wird?

Asty: Wir selbst haben ein solches Vernetzungstreffen vor Kurzem beispielsweise mit „Komciwan Mannheim" [KOMCIWAN c/o Mala gele Kurdan; Anm. d. Red.] gehabt. Ziel des Treffens war es zu schauen, ob wir gemeinsam Synergieeffekte mittels einer Kooperation schaffen könnten. Wir als KSJ und Komciwan Mannheim waren hier der Meinung, dass dies durchaus der Fall sein könnte, weswegen wir uns bezüglich einer näheren Kooperation in Zukunft sicher erneut treffen werden.

Wir sind natürlich auch auf der Suche nach anderen kurdischen, aber auch deutschen Partnern, solange diese Kooperationen mit unseren eigenen Prinzipien einhergehen. Wir hoffen und arbeiten darauf hinaus, dass in Zukunft andere kurdischen Vereine ihre parteipolitischen Interessen hinten anstellen, den Raum für Differenzen einschränken und somit die Möglichkeit bieten, um gemeinsam –geschlossen und stark - in der Öffentlichkeit zu agieren.

KM: Als deutschlandweit agierender kurdischer Studentenverein ist vor allem YXK bekannt: Was unterscheidet euch von YXK? Wie soll in Zukunft die Beziehung zu YXK aussehen?

Asty: Wir als KSJ sind ideologisch an keine kurdische Partei gebunden, was jedoch bei der YXK der Fall ist. Auch arbeiten wir nicht ausschließlich mit einer einzigen deutschen Partei, den Linken, zusammen. Wir sind da sicherlich offener und könnten uns eine Zusammenarbeit mit fast jeder deutschen Partei vorstellen. Trotzdem ist es möglich, dass der KSJ mit YXK bei bestimmten Veranstaltungen –wenn es sich ergibt - kooperiert.

KM: Was hältst Du von der Idee einer gemeinsamen Plattform, auf der die einzelnen Gruppen bei bestimmten Themen zusammenarbeiten? Wäre es beispielsweise denkbar, dass Repräsentanten verschiedener Gruppen eine Art„Task Force" bilden, um gemeinsame Interessen nach außen zu vertreten? Beispielsweise eine „Task Force PR"?

Asty: So etwas Ähnliches wie eine „Task Force" habe ich mir auch schon überlegt, denn ich persönlich halte von dieser Idee sehr viel. Genauso wie es in großen Unternehmen angestrebt wird Redundanzen möglichst zu vermeiden, können auch wir kurdischen Vereine unsere Effizienz durch eine solche Plattform erhöhen. Wir werden versuchen in Zukunft die Idee einer solchen „Task-Force" aufzugreifen. Wir werden uns hierfür in Zukunft mit anderen kurdischen Vereinen in Verbindung setzen, um untereinander die Möglichkeiten dieser Idee zu konkretisieren. Es dürfen sich aber auch gerne die anderen kurdischen Vereine und Organisationen, die an dieser Stelle mitlesen, bei uns melden.

KM: Engagierte und interessierte Studierende werden sich nun fragen: Worauf müssen sich kurdische Studierende einstellen, wenn sie in ihrer Hochschule eine politische Gruppe organisieren wollen? Mit welchen Problemen wurde KSJ bisher konfrontiert? Welchen Nutzen hat es überhaupt, sich in einer politisch orientierten Gruppe für Studierende aus Kurdistan zu engagieren?

Asty: Aktuell bereiten uns türkische Rechtsextremisten Sorgen, die sich in den Studienparlamenten und AStAs [Allgemeiner Studentenausschuss; Anm. d. Red.] ausbreiten und uns Kurden die Vereinsarbeit erschweren wollen. Ich appelliere daher an alle kurdische Studierende immer ein wachsames Auge darauf zu haben, welche Leute sich genau in die Hochschulpolitik einmischen bzw. einmischen wollen. Ich habe jedoch auch vor der Gründung unseres Vereins von vielen Seiten die Nachricht erhalten, dass bestimmte kurdische Vereine keine anderen kurdischen Vereine neben sich dulden würden und wir sogar bedroht werden könnten. Diese Aussagen stellten sich in unserem Fall als haltlos da, denn es ist nie zu irgendwelchen Zwischenfällen gekommen.

Gerade für uns Kurden ist es wichtig politische Öffentlichkeitsarbeit zu leisten. Unserem Volk werden seit Jahrzehnten die grundlegendsten Rechte verwehrt. Wir kurdische Studenten, als aktive und engagierte Vertreter unseres Volkes, sind für solche politischen Aufklärungsarbeiten bestens geeignet. Als kurdischer Student kann und sollte man hierfür sein Möglichstes tun, um über genau diese unserem Volk widerfahrenen Ungerechtigkeiten zu informieren und vor allem die Aufmerksamkeit der deutschen Bevölkerung zu erregen, damit solche Untaten an unserem Volk nur noch der Vergangenheit angehören.

KM: Würdet Ihr kurdischen Studierenden Hilfe leisten, wenn Sie eurem Vorbild folgend die Initiative ergreifen und eine eigene Hochschulgruppe gründen würden? Wie sähe solch eine Hilfe im Konkreten aus?

Asty: Auch wenn es uns lieber wäre, wenn eine solche Hochschulgruppe als Teil des KSJ agiert, mit unserer Hilfe wäre auf Anfrage jedoch selbstverständlich zu rechnen. Diese könnten beispielsweise Wege zu Finanzierungsmöglichkeiten beinhalten, verwaltungstechnischen Rat zu geben und gemeinsam Veranstaltungen zu organisieren. Weitere Hilfen sind natürlich nicht ausgeschlossen.

KM: Gibt es etwas, was Du noch auf dem Herzen hast, Asty?

Asty: Wir Kurden sind sehr oft, aufgrund unserer geostrategisch wichtigen Lage im Nahen Osten und der Unterdrückung durch die Besatzungsmächte, aber auch bei Integrations-Debatten in Deutschland, in den Medien. Wie üblich - bei solchen Artikeln und Berichten - werden dabei Beteiligte und Verantwortliche für Stellungsnahmen gesucht; solche Meinungen sind gefragt. Leider verfügen wir Kurden hier in Deutschland über keine gemeinsame und zentrale Anlaufstelle, die in Vertretung für die Kurden sprechen könnte. Ich hoffe, dass in naher Zukunft die Zusammenarbeit zwischen allen kurdischen Vereinen in Deutschland erhöht wird. Nach offiziellen Statistiken sollen über 500.000 Kurden in Deutschland leben, wobei die Zahl weitaus höher liegen dürfte, da die Kurden in Deutschland als Türken, Araber oder Perser ausgewiesen werden. Umso trauriger ist es, dass wir bis heute keinen ansatzweise gemeinsamen Dachverband oder Interessenvertretung haben. Wir müssen - trotz Differenzen in der politischen Richtung und Ideologie der kurdischen Organisationen - eine Einheit bilden, denn nur so können wir in Deutschland aber auch international ernst genommen werden.
Unser Volk kämpft weiterhin in allen besetzten Teilen Kurdistan um seine Rechte und Freiheit. Wir können hier in Deutschland, als größte kurdische Diaspora auf der Welt, einen großen Beitrag dazu leisten, dass die Aufmerksamkeit auf unser Volk gerichtet wird.

Der KSJ möchte hierzu seinen Beitrag leisten, sich nicht abkapseln von den anderen und dazu beitragen die Einheit unter uns Kurden zu stärken.

Notiz:

Die Homepage von KSJ: Kurdistans Studenten & Jugend in Deutschland e.V.

Die Facebook-Gruppe von KSJ: KSJ Studentenjugend (fb-Gruppe)

Kurdmania-Interview mit KurdSV: Qers interviewt für Kurdmania: Abdul (KurdSV)

Kurdmania

Silav û Rêz
Azad

Antworten Zuletzt bearbeitet am 29.01.2013 19:05.

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