Menschen müssen weichen

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Menschen müssen weichen

von Azadiyakurdistan am 03.11.2010 19:33

Umsiedlung von mehr als 10 000 Bewohnern für umstrittenen Ilisu-Stausee in der Türkei beginnt.



Alle Proteste haben nichts geholfen, Warnungen wurden in den Wind geschlagen: Gegen massiven Widerstand türkischer und internationaler Organisationen sowie der örtlichen Bevölkerung setzt die türkische Regierung das umstrittene Ilisu-Staudammprojekt in Südostanatolien Schritt für Schritt um. Am Montag begann die Umsiedlung der Bewohner von Ilisu, jenes Ortes am Tigris, in dessen Nähe der Staudamm errichtet werden soll.

Ministerpräsident Tayyip Erdogan persönlich kam am Wochenende nach Ilisu, um den Einwohnern die Schlüssel ihrer neuen Häuser zu übergeben. Bevor Ilisu in den Fluten des künstlichen Sees versinkt, werden die Menschen in ein neues, höher gelegenes Dorf umgesiedelt – viele gegen ihren Willen. Erst im Juli 2009 hatten sich Deutschland, Österreich und die Schweiz aus dem umstrittenen Projekt zurückgezogen. Die drei Regierungen verweigerten Kreditbürgschaften über 450 Millionen Euro, weil die Türkei trotz mehrfacher Fristverlängerungen keine Anstalten machte, die Umwelt- und Sozialauflagen für das Vorhaben zu erfüllen. Zuvor hatte bereits die Weltbank wegen ähnlicher Bedenken dem Projekt ihre Unterstützung entzogen.

Doch die Regierung in Ankara ließ sich nicht beirren und fand andere Geldgeber: Die türkischen Kreditinstitute Akbank und Garanti Bank stellen Darlehen von einer Milliarde Euro zur Verfügung. Damit scheint die Finanzierung des Vorhabens weitgehend gesichert. Erdogans Besuch in Ilisu unterstrich, welche Bedeutung man dem Projekt in Ankara bemisst. Die Regierung preist Ilisu als ein Jahrhundertwerk, das der armen, von Kurden bewohnten Region Arbeit und Wohlstand bescheren werde.

Hinter einem 136 Meter hohen und an der Krone 1820 Meter langen Gesteinswall soll der Tigris zu einem künstlichen See von 313 Quadratkilometern Fläche aufgestaut werden, so groß wie das Stadtgebiet von München. Die Turbinen am Fuß des Staudamms sollen pro Jahr 3,8 Milliarden Kilowattstunden Strom liefern. Das entspräche etwa drei Prozent des gegenwärtigen türkischen Elektrizitätsverbrauchs. Viele Fachleute bezweifeln aber den Nutzen des Projekts. Schon in 50 Jahren werde die geplante Talsperre durch die vom Tigris mitgeführten Sedimente versanden, sagen sie.

Die Folgen für Bevölkerung und Umwelt sind gravierend: etwa 11000 Bewohner müssen umgesiedelt werden, weitere 43 500 verlieren Ackerland und werden so entwurzelt. Unersetzliche, jahrtausendealte Kulturdenkmäler werden in den Fluten der Talsperre versinken, wie der Ort Hasankeyf. Seine Geschichte geht fast 10 000 Jahre zurück. Hasankeyf ist die einzige aus der Antike und dem Mittelalter weitgehend komplett erhaltene Siedlung Anatoliens. Mehr als 20 Kulturen haben dort ihre Spuren hinterlassen. Mehr als 90 Prozent der historischen Stadt sollen nun in dem Stausee versinken.

Quelle...

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