Mubaraks Verhaftung beunruhigt die Diktatoren in Nahost

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Ez_u_Tu

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Mubaraks Verhaftung beunruhigt die Diktatoren in Nahost

von Ez_u_Tu am 15.04.2011 23:35



Der ehemalige ägyptische Präsident Mubarak wird zur Rechenschaft gezogen / Auch die Ägypter finden dies unglaublich.
"Erstmals seit 7000 Jahren wird ein Pharao verhaftet", heißt es in einer Twittermeldung aus den Reihen der ägyptischen Revolutionäre. Sie drückt die Freude darüber aus, dass einer ihre wichtigsten Forderungen stattgegeben wurde: Seit Mittwochmorgen befindet sich der gestürzte Präsident Husni Mubarak in einer zunächst 15-tägigen Untersuchungshaft. Wie es sich im neuen Ägypten gehört, wurde die Nachricht zuerst auf der Facebookseite der Staatsanwaltschaft verbreitet. Mubaraks Söhne Gamal und Alaa sind bereits in Sträflingskleidung ins Kairoer Thora-Gefängnis eingezogen. Das ist jener Ort, an dem das frühere Regime seine politischen Opponenten wegzusperren pflegte. Heute sitzt dort bereits eine ganze Riege ehemaliger Minister und regimenaher Geschäftsleute.

Wie die Gefängnisverwaltung mitteilte, verweigerten die Söhne Mubaraks ihr erstes Frühstück im Gefängnis. "Wenn der alte Mubarak stirbt, dann hält für Gamal in Kairo kein Taxi mehr an", hatte der ägyptische Journalist Ibrahim Eissa schon vor mehreren Jahren geschrieben und damit den Plänen widersprochen, Gamal Mubarak könne seinen Vater politisch beerben. Wer hätte damals ahnen können, dass Gamal einmal in einem vergitterten Polizeiauto durch Kairo fahren würde?

Husni Mubarak selbst war am Tag zuvor im ägyptischen Badeort Scharm el-Scheich wegen Herzproblemen ins Krankenhaus eingeliefert worden. Zunächst hatten die Ägypter eine Finte vermutet, mit der sich der 82-Jährige seiner Verhaftung entziehen wollte. Doch die Staatsanwaltschaft kam ins Krankenhaus. Danach soll Mubarak ins Gefängnis kommen. Die Staatsanwaltschaft will untersuchen, ob der Mubarak-Clan tatsächlich Milliarden an Staatsgeldern auf die Seite geschafft hat, wie vermutet wird.

Auch die Tunesier wollen ihren Diktator vor Gericht stellen

Daneben sollen die Mubaraks für die 800 Toten der Revolution zur Verantwortung gezogen werden, für die brutalen Polizeieinsätze und die angeblich von ihnen ausgesandten Schläger, die den Tahrir-Platz mit Knüppeln und Kamelen von Demonstranten räumen sollten. Für die Ägypter geht es darum, die Repräsentanten eines Regimes zur Rechenschaft zu ziehen, das drei Jahrzehnte lang mit Willkür herrschte. Mubarak muss nun auch seine Taten offenlegen.

Damit hat sein Fall Vorbildcharakter für den Rest der arabischen Welt. Die Tunesier wollen ihren geflohenen Diktator Ben Ali zurück, um ihn ebenfalls vor Gericht zu stellen.

Die Assads in Syrien, die Salehs im Jemen und die Gaddafis in Libyen dürften das Schicksal Mubaraks mit Unbehagen verfolgen. Den tiefen Fall des Clans nehmen sie als Grund dafür, sich umso verzweifelter an die Macht zu krallen. Baschir al-Assad glaubt immer noch, mit einer Mischung aus Zuckerbrot und Peitsche den Aufstand in seinem Land beenden zu können. Abdallah Saleh versucht auszuhandeln, dass er im Gegenzug für einen Rücktritt Immunität erhält. Gaddafi ist wegen des Machterhalts zum Krieg gegen das eigene Volk angetreten. Die Verhaftung Mubaraks hat also die Lage für die Herrscher in den anderen arabischen Ländern schwieriger gemacht.

Dass Mubarak jetzt so schnell in Untersuchungshaft kam, ist auch den Demonstranten auf dem Tahrir-Platz zu verdanken. Das ägyptische Militär hätte es sicherlich vorgezogen, einen Prozess gegen Mubarak der ersten frei gewählten Regierung zu überlassen. Aber in den vergangenen Wochen ist der oberste Militärrat, der Ägypten kommissarisch verwaltet, immer stärker unter Druck geraten. Zu schwer wog der Verdacht, dass die Generäle versuchen könnten, vieles aus dem alten Regime in die neue Zeit hinüberzuretten. Zu zahlreich waren die Geschichten, wonach das Militär auch nach dem Sturz Mubaraks noch im alten Stil Menschen verhaften und foltern lasse.

Zuletzt machte der Fall des 26-jährigen Bloggers Maikel Nabil die Runde, der wegen "Beschimpfung des Militärs" zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden war. Nabil hatte der Armee Loyalität gegenüber dem alten Regime vorgeworfen.

Das Militär musste auf die Demonstranten reagieren

Als dann vergangenen Freitag beim Versuch des Militärs, den Tahrir-Platz zu räumen, ein Demonstrant ums Leben kam, musste die Militärführung reagieren und eine Forderung der Protestierenden erfüllen. Doch was auch immer das Motiv gewesen sein mag, warum die Mubaraks gerade jetzt zur Rechenschaft gezogen werden – den meisten Ägypter sind solche Überlegungen egal. Doch sie haben das Gefühl, dass jetzt der Gerechtigkeit Genüge getan wird. Die Demonstranten haben deshalb den Tahrir-Platz von sich aus geräumt. Nur noch die Souvenirstände mit Revolutionserinnerungen zeugen noch davon, was für ein historischer Ort der Platz inzwischen ist.

Am Straßenrand steht eine Frau und schüttelt den Kopf: "Die Mubaraks vor Gericht", sagt sie, "das habe ich früher noch nicht einmal zu träumen gewagt."

(Foto:n-tv)

(badische-zeitung)

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