Schlaglicht auf den Nordirak

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Schlaglicht auf den Nordirak

von Azadiyakurdistan am 27.10.2010 00:52

Die von Wikileaks veröffentlichten geheimen amerikanischen Dokumente werfen ein Licht auf die Spannungen im Nordirak. Die amerikanische Armee bemühte sich um eine Lösung.
Inga Rogg, Bagdad



Die neuesten von der Internetplattform Wikileaks veröffentlichten amerikanischen Militärdokumente geben einen Einblick in die Lagebeurteilungen im umkämpften Nordirak. Kein anderer Konflikt birgt aus amerikanischer Sicht so viel Sprengkraft wie der Kampf zwischen Kurden und Arabern um Kirkuk, Mossul sowie den nördlichen Teil der Provinz Diyala und Gebiete östlich von Tikrit. Wie gefährlich dieser Konflikt ist, illustrieren die veröffentlichten Geheimdokumente sehr deutlich.

Einfluss von aussen nötig
Ein Eintrag vom 8. Mai 2009 berichtet ausführlich über einen Zusammenstoss zwischen der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) und Athil Nujeifi, dem Gouverneur von Mossul. Nujeifi, damals frisch gewählt, wollte eine Sportveranstaltung in Bashika, einer Kleinstadt östlich von Mossul, besuchen. Doch dieses Gebiet wurde bereits seit Jahren von der KDP von Masud Barzani, dem Regionalpräsidenten von Kurdistan, kontrolliert.

Nujeifi ist ohnehin ein rotes Tuch für die Kurden. Daher machte ein KDP-Vertreter den Amerikanern deutlich, dass die Peschmerga (Kurdenmiliz) ihn notfalls mit Waffengewalt an seinem Besuch hindern würden. Das regionale Wiederaufbauteam versuchte Nujeifi von seinem Vorhaben abzubringen – ohne Erfolg. Daraufhin entsandten die Amerikaner Einheiten. Am KDP-Checkpoint sagten ihnen die Peschmerga, dass sie Befehl hätten, auf Nujeifi zu schiessen. Am unweit entfernten Checkpoint der irakischen Armee hatten die Soldaten ihrerseits Order, in diesem Fall auf die Peschmerga zu schiessen. Daraufhin schaltete sich der Sicherheitsstab von Mossul ein und verwehrte Nujeifi den Geleitschutz von Soldaten. Der besorgte sich diesen jedoch von der Polizei und fuhr trotzdem.

Es wäre ein Leichtes gewesen, sie zu töten, sagte Nujeifi wenige Wochen später mit Blick auf die Peschmerga zu dieser Zeitung. Aber er wisse genau, dass sie so einen Zwischenfall bloss provozieren wollten. Folgt man dem Eintrag der amerikanischen Einheit, so legten es beide Seiten auf eine Konfrontation an. In den letzten Jahren hat es Dutzende von ähnlichen Fällen gegeben, mehrfach kam es zu kleineren Scharmützeln. Araber wie Kurden waren dabei Täter wie Opfer, auch davon berichten die Einträge. Sie geben Auskunft über Anschläge auf kurdische Parteibüros und Politiker in Kirkuk und Mossul, sie zeigen aber auch, dass die kurdischen Parteien das Recht oft in ihre eigene Hand nahmen.

So berichteten Soldaten am 1. März 2007 über Festnahmen durch Angehörige der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) von Präsident Talabani in Kirkuk. Nach einem Hinweis auf verdächtige Handlungen habe die PUK in einem Haus eine Razzia durchgeführt und vier Personen festgenommen, heisst es in dem Bericht. Auf dem Dach des Hauses habe die PUK Material für Sprengsätze (Drähte und Zeitzünder) gefunden. Die PUK halte die vier jetzt auf ihrem Posten fest, heisst es am Ende des Eintrags.

Araber werfen den Kurden seit Jahren vor, Personen aus Kirkuk und Mossul zu verschleppen und in ihrem Teilstaat gefangen zu halten. Es ist eine der vielen Streitfragen, die auch die Verhandlungen über eine neue Regierung überschatten. Ohne eine starke und faire Einflussnahme in dem Konflikt, nach Möglichkeit von dritter Seite, könnten sich die Spannungen nach dem Abzug der amerikanischen Truppen schnell in Gewalt entladen, hebt ein Eintrag vom 28. September 2009 hervor.

Amerikanisches Engagement
Nach langem, zähem Ringen haben die Amerikaner nun einen kleinen Erfolg erzielt. Die Innenministerien von Bagdad und Erbil, der Hauptstadt von Kurdistan, kamen überein, die Eliteeinheiten der kurdischen Polizei in die irakische Bundespolizei zu integrieren. Dazu soll nach Auskunft von Brigadegeneral Bradley W. May, Direktor der für die Ausbildung und Beratung der irakischen Sicherheitskräfte zuständigen amerikanischen Einheit, eine sechste Polizei-Division geschaffen werden. Diese wird sich, wie Bradley im Gespräch bestätigt, ausschliesslich aus den Einheiten von KDP und PUK zusammensetzen. Sie sind jedoch dem obersten Polizeikommandanten in Bagdad unterstellt. In Notfällen sollten sie auch ausserhalb von Kurdistan einsetzbar sein, sagte Bradley. Dazu braucht es jedoch die Zustimmung des irakischen Ministerpräsidenten und des kurdischen Regionalpräsidenten. Dies sei ein wichtiger Schritt, sagte Bradley. Aber auch er räumte ein, dass es noch ein weiter Weg ist, um den Konflikt zwischen Kurden und Arabern beizulegen.

Quelle...

Silav û Rêz
Azad

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