Syrien lädt zur "Beschimpfungsparty"
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Syrien lädt zur "Beschimpfungsparty"
von Azadiyakurdistan am 23.06.2011 18:16Syrien steht für seinen Umgang mit Regierungskritikern international in der Kritik. Außenminister Al-Muallim entschied sich nun zu einem verbalen Rundumschlag gegen die Türkei, Frankreich und die EU.
Außenminister Walid al-Muallim ist ein altes Schlachtross der syrischen Diplomatie. Doch mit diplomatischen Gepflogenheiten hat das, was der schwergewichtige Außenamtschef in einer minuziös durchgeplanten Pressekonferenz von sich gibt, rein gar nichts zu tun. Begleitet von lauten Atemzügen und spöttischem Lachen beschimpft er der Reihe nach alle Regierungen, die sich kritisch über die Rede von Präsident Baschar al-Assad zwei Tage zuvor geäußert haben. Er schmäht sie als "Hunde, die jaulen, während die (syrische) Karawane der Reform vorbeizieht", als "Kolonialisten" (Frankreich) und Verschwörer (die EU-Staaten).
"Das war keine Pressekonferenz, sondern eine Beschimpfungsparty", bilanziert Salam al-Kawakibi von der Arabischen Reform Initiative in Paris. "Al-Muallim hat Frankreich und die Türkei beleidigt, dafür wird Syrien einen hohen Preis bezahlen", glaubt der Syrer. Besonders abstoßend habe er die regimetreuen Journalisten gefunden, die während der Pressekonferenz klatschten.
Die Mahnungen der Europäer und Türken, die Assad aufgerufen haben, ein Mehrparteiensystem und freie Wahlen zuzulassen, findet er dagegen gerechtfertigt: "Assad muss das Parlament auflösen, die Armee von der Straße holen und eine Regierung der nationalen Einheit bilden."
Syrische Regierung igelt sich ein
Die schrillen Töne, die Al-Muallim von sich gibt, sind ein weiteres Indiz dafür, dass sich Präsident Assad und der regimetreue Sicherheitsapparat dem wachsenden politischen Druck aus Brüssel und Ankara nicht beugen wollen. Das Regime igelt sich ein.
Gleichzeitig ist es bemüht, die Sanktionen der Europäischen Union, die sich bislang nur gegen Assad, einige seiner Angehörigen, drei Iraner und weniger als zwei Dutzend syrische Funktionäre richten, als Teil einer Kampagne gegen das gesamte syrische Volk darzustellen. Unabhängige Beobachter bezweifeln jedoch, dass diese Rechnung aufgehen wird.
Regime-Kritikern fehlt Einigkeit
Zwar stehen die Staatsdiener und besonders der allmächtige Geheimdienst immer noch treu zum Clan des Präsidenten. Doch an den Rändern bröckelt das Betonregime schon gewaltig. Zu Beginn der Proteste Mitte März machten noch vor allem die arabischen Sunniten und die junge Landbevölkerung mobil. Doch inzwischen schließen sich zunehmend auch Kurden, Studenten, Religionsgelehrte, Kleinunternehmer und Angehörige der religiösen Minderheit der Alawiten - zu der Assads Familie gehört - dem Protest an.
Die für ihre Zerstrittenheit bekannte syrische Opposition, deren Vertreter zum Großteil im Exil leben oder im Gefängnis sitzen, bildet zwar nach wie vor keine geschlossene Front gegen das Regime. Aber die Organisatoren der lokalen Protestmärsche glauben, dass ihr Aufstand gegen Folter, Behördenwillkür und Korruption trotzdem erfolgreich sein wird.
"Diese Exil-Oppositionellen sitzen in ihren klimatisierten Büros in Paris, während wir hier an der türkischen Grenze Brot an die Vertriebenen verteilen", sagt Dschamil Saeib, der sich selbst als Sprecher des "Nationalen Rates für die Leitung der Revolution" bezeichnet. Es sei schön, dass einige Oppositionsgruppen die Protestbewegung unterstützten. "Aber notfalls schaffen wir es auch alleine".
(Anne-Beatrice Clasmann, dpa, N24)
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