Das Massaker von Roboskî (2011)
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Das Massaker von Roboskî (2011)
von Azadiyakurdistan am 28.12.2012 16:55Am 28.12.2011 zwischen 21:30 Uhr und 23:00 Uhr wurden 35 kurdische, überwiegend jugendliche Zivilisten durch Luftangriffe der türkischen Luftwaffe in der Nähe des Dorfes Roboskî im Kreis Qileban (tr. Uludere in Provinz Şirnex) an der Grenze zum Irak (Autonome Region Kurdistan) getötet.
Die Dorfbewohner von Roboskî leben mangels anderer Einkommensquellen seit Jahrzehnten vom grenzüberschreitenden Handel, wobei statt Steuern an die Behörden in Ankara regelmäßig Schmiergelder an den zuständigen Armeeposten zu bezahlen sind. Die Armee weiß dementsprechend bestens über den Schmuggel und die Wege des Handels Bescheid.
Der Generalstabschef erklärte bezüglich der Tötung der 35 Zivilisten, dass zuvor durch unbemannte Aufklärungsdrohnen eine größere Gruppe von Menschen erkannt worden sei. Unklar sei jedoch gewesen, ob es sich um GuerillakämpferInnen der PKK oder um Schmuggler gehandelt habe. Daraufhin starteten vier F-16-Kampfjets vom Flughafen Amed (tr. Diyarbakir) und bombardierten die Gruppe. Insgesamt starben mindestens 35 ZivilistInnen. Darunter befanden sich 26 Mitglieder der Familie Encü.
Die Darstellung des Generalstabs muss allerdings stark in Zweifel gezogen werden. In der Nähe der Bombardierung befindet sich lediglich der Herkunftsort der Schmuggler und ein stark frequentierter Weg – jedoch Berichten zufolge keine Guerillacamps der PKK oder Wege, die von der Guerilla regelmäßig genutzt werden. Zudem bewegen sich Guerillakräfte grundsätzlich nicht auf derart einsehbaren Wegen und insbesondere nicht in großen, gut sichtbaren Gruppen mit Maultieren. Da zusätzlich dem örtlichen Armeeposten die Tätigkeit der Dorfbewohner bekannt war, ist anzuzweifeln, dass es sich bei der Bombardierung um eine Verwechslung gehandelt haben kann.
Der von den regionalen Menschenrechtsorganisationen IHD, Mazlum-Der und Weiteren als Massaker an Zivilisten eingestufte Vorfall wurde von der AKP-Regierung zuerst ignoriert und darauf folgend verteidigt bzw. relativiert. Dieses Verhalten führte bei der kurdischen Bevölkerung zu ausgesprochenen Unmut. Statt nach dem Vorfall auf eine friedliche und deeskalierende Strategie zu setzen, bedankte die AKP-Regierung sich zunächst öffentlich beim Militär. Sie griff darüber hinaus die pro-kurdische Partei BDP (Partei für Frieden und Demokratie) im Parlament an, da die Abgeordneten der Partei den Vorgang öffentlich thematisierten.
Der Generalstabschef des Militärs, Necdet Özel, erklärte im gleichen Zeitraum, dass die Tilgung der „separatistischen Bewegung" konsequent angestrebt und durchgeführt würde. Die graue Eminenz der AKP, der Prediger Fetullah Gülen, kritisierte in einer im Oktober 2011 ausgestrahlten Videobotschaft die „Erfolglosigkeit" im 30-jährigen Kampf der Regierungen gegen die PKK und schlug diesbezüglich menschenverachtende Auswege vor. Gülen forderte die AKP-Regierung im Verlauf der ca. 45-minütigen Videobotschaft unter Beschwörung der nationalen Einheit im Namen Allahs auf, die KurdInnen zu zerschlagen: „Lokalisiert sie, umzingelt sie (...) zerschlagt ihre Einheiten, lasst Feuer auf ihre Häuser regnen, überzieht ihr Klagegeschrei mit noch mehr Wehgeschrei, schneidet ihnen die Wurzeln ab und macht ihrer Sache ein Ende!" Auch seitens AKP-naher Publikationen wurde seit gut einem halben Jahr die Forderung nach einer "tamilischen Lösung" der kurdischen Frage immer wieder lanciert.
Servet Encü, ein Überlebender, der bei dem Massaker 26 seiner Familienangehörigen verloren hat, berichtete:
„Es ist allen bekannt, dass unsere einzige Einkommensquelle der Handel jenseits der Grenze ist. Das ist seit Jahrzehnten üblich. Auch unsere Väter und Großväter taten das - und die Regierung wusste darüber jederzeit Bescheid. Öl, Zigaretten, Tee, Zucker und andere Lebensmittel gehörten zu den Waren, die wir geschmuggelt haben. Wir sind auf dem Hinweg schon von einer Heron [unbemannte US-Drohne] abgelichtet worden. Das Militär wusste ganz genau, dass wir auf dem Rückweg in unser Dorf waren. Auf dem Rückweg also hat uns das Militär die Wege versperrt, so dass wir uns alle an einem Ort versammelt haben. Dann wurden wir von der Luft aus bombardiert. Ich versuchte mich unter dem Schnee zu verstecken und rief über mein Handy die Dorfbewohner an. Daraufhin kontaktierte ein Dorfbewohner den Brigade-Kommandanten und bat ihn, mit dem Bombardement aufzuhören. Der Kommandant sagte, dass er den Jugendlichen nur etwas Angst machen wolle."
Verwandte weiterer Opfer sagten:
„Wir wollen unsere Rechte, wir sind auch ein Volk, wir sind auch Menschen, wir wollen Frieden und Freiheit, wir wollen in Würde leben, die Welt und Europa dürfen nicht zuschauen wenn solches Unrecht geschieht. Die Türkei wird im Krieg gegen das kurdische Volk von den westlichen Staaten unterstützt. Die Verantwortlichen dieses Massakers müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Wir wollen keine Entschädigungszahlungen der Regierung, sondern gerechte Lösungen für unsere Probleme. Die vermeintliche Entschädigung betrachten wir als Beleidigung unserer gestorbenen Kindern und Familienangehörigen!"
Azadiya Kurdistan / Berichte von Delegationen und Familienangehörigen der Opfer
Silav û Rêz
Azad
Re: Das Massaker von Roboskî (2011)
von Dilan am 28.12.2012 23:14Die meisten davon waren Kinder :'( und einer hatte für seine Verlobte ein Geschenkt mitgebracht. Sie wollten heiraten!! :(
Dile min dishewite wexte ez wan dibinim :(