Wann ist ein Staat unabhängig?

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Kudo21
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Wann ist ein Staat unabhängig?

von Kudo21 am 31.07.2010 11:21

Russlands Präsident Dmitri Medwedew hat die Unabhänigkeit der abtr?gen georgischen Republiken S?setien und Abchasien anerkannt - und provoziert damit den Westen. Aber ab wann ist ein Staat eigentlich tatsächlich unabhängig? Können die Provinzen überhaupt so existieren? Hier finden Sie Antworten auf die wichtigsten Fragen. Von Sebastian Huld


Wann gilt ein Staat v?rrechtlich als unabhängig?Kaum etwas ist im Vorrecht umstrittener als der Begriff der Unabhängigkeit. Denn weder existiert ein einheitlicher Maßstab f?nabh?igkeit noch gibt das V?rrecht einen Fahrplan dahin vor. Das wichtigste Merkmal der Unabh?igkeit ist, dass ein Staat ohne jede Einmischung von au?n eigene Entscheidungen treffen kann. Dabei ist es nicht wichtig, ob der Staat in Wahrheit von anderen L?ern politisch oder wirtschaftlich abh?ig ist. Um unabh?ig zu sein und als souver?r Staat anerkannt zu werden, ist die Anerkennung durch andere L?er notwendig. Die russische Regierung etwa hat nun S?setien und Abchasien anerkannt in der mutma?ichen Hoffnung, dass andere L?er mitziehen.

L?t es f?inen neuen Staat ideal, wird er von den Vereinten Nationen (Uno) anerkannt und als Mitglied aufgenommen. Hierzu m?n aber auch alle f?st?igen Mitglieder des Uno-Sicherheitsrats zustimmen, also Russland, China, Gro?ritannien, Frankreich und die USA. Da zumindest Gro?ritannien, Frankreich und die USA die Unabh?igkeit Abchasiens und S?setiens ablehnen, wird diese Best?gung beiden Regionen zun?st verwehrt bleiben.

Umstritten ist auch, ob ein anderes Land eine bestimmte Region einfach als unabh?ig anerkennen darf. Das Interventionsrecht im V?rrecht betrachtet ein Vorgehen wie das russische als unerlaubte Einmischung in die Angelegenheiten eines souver?n Staates, in diesem Fall als Einmischung in die Angelegenheiten Georgiens. Es gilt zwar der Ausnahmefall, dass andere L?er einschreiten d?en, wenn ein Staat zum Beispiel eine bestimmte Bev?rungsgruppe massiv diskriminiert oder gar verfolgt. Allerdings muss dies eindeutig und dauerhaft sein. Moskaus Einmarsch in die abtr?gen georgischen Provinzen und die einseitige Anerkennung als unabh?ige Staaten sind daher mit dem V?rrecht nicht vereinbar, urteilt Andreas L. Paulus, Direktor des G?nger Instituts f??rrecht und Europarecht.


Wie kann verhindert werden, dass ein Gemeinwesen unabh?ig wird?

Die Staatengemeinschaft hat keine M?chkeiten, die russische Anerkennung der beiden Provinzen zu verhindern. Allerdings f? Moskaus Politik auch nicht unweigerlich zur Unabh?igkeit Abchasiens und S?setiens. Solange andere Staaten beiden Provinzen die Anerkennung verweigern, bleibt der Status dieser Regionen umstritten.

Allerdings haben die Gegner der russischen Politik jenseits milit?scher Ma?ahmen auch kaum Druckmittel gegen die russische Anerkennung beider Provinzen als unabh?ige Staaten. Russland bem?sich derzeit mit aller Macht, wieder ein wichtiger Akteur in der internationalen Politik zu werden. Der Einmarsch in Georgien war letztendlich nur der H?unkt in einer Reihe russischer Machtdemonstrationen in den vergangenen Monaten, dazu geh? die Ank?gung verst?ter Aufr?ng, das Setzen der russischen Flagge auf dem Erdboden des Nordpols oder der Flug russischer Kampfflugzeuge ? das Territorium verschiedener Nato-Staaten. Eine R?ahme der Anerkennung ist daher sehr unwahrscheinlich, solange der Kreml seine aktuelle Strategie der Machtpolitik beibeh?.


Warum bestehen die EU- und Nato-Staaten auf Georgiens territorialer Integrit?


Wenn sie sich hinsichtlich ihrer Strategie auch nicht einig sind, so sind sie es doch in ihrem Ziel: Die EU- und Nato-Staaten haben bislang keinen Zweifel daran aufkommen lassen, dass sie die territoriale Integrit?Georgiens gewahrt wissen wollen. So wies Au?nminister Frank-Walter Steinmeier die russische Sichtweise im Kaukasus-Konflikt energisch zur? "Unsere Position ist klar: Die territoriale Integrit?Georgiens steht nicht zu Disposition. Eine politische L?g der Konflikte muss auf dieser Grundlage erfolgen".

Dabei geht es den westlichen Staaten um mehr als darum, Russlands Machtpolitik einzud?en. Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion haben die EU- und Nato-Staaten daran festgehalten, auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion keine Unabh?igkeitsbestrebungen etwaiger Regionen zu unterst?n. Ziel war es vor allem, ?haupt nicht in diese Konflikte involviert zu werden. Nun f?ten Diplomaten von Berlin bis Washington, dass eine Anerkennung Abchasiens und S?setiens zum Pr?denzfall weiterer Konflikte wird. So k?e der Streit zwischen Armenien und Aserbaidschan um die Region Berg Karabach erneut aufbrechen. Gleiches gilt f?ie Region Transnistrien, die sich lieber heute als morgen von Moldawien ab- und Russland zuwenden w?. Auch die Krimregion im S? der Ukraine w? sich gerne Russland anschlie?n. Bei dem Streit um S?setien und Abchasien spielt die Angst vor einem solchen Dominoeffekt daher eine bedeutende Rolle.


Womit drohen die EU und die Nato-Staaten Russland?

Tats?lich haben die westlichen Staaten jenseits milit?scher Ma?ahmen kaum M?chkeiten, Russland unter Druck zu setzen. W?end die USA, Kanada, Gro?ritannien und mehrere osteurop?che Staaten darauf dringen, s?liche Kooperationen mit Russland zu beenden und das Land zu isolieren, verfolgen die EU-Staaten unter der F?ng Deutschlands eine andere Strategie. Sie wollen die Gespr?skan? offen halten. Sie hoffen, die Kremlf?ng davon ?zeugen zu k?n, dass die derzeitige Politik den Interessen Russlands schadet. Da der Kreml danach strebt, wieder zu einem wichtigen Akteur in den internationalen Beziehungen aufzusteigen, versuchen die westeurop?chen Diplomaten, Pr?dent Medwedew von einem Kurswechsel zu ?zeugen. Nachdem Russland selbst Konsultationen im Rahmen des Nato-Russland-Rates eingefroren hat, wird diese Strategie zunehmend schwierig. Allerdings zeigt die Politik Medwedews auch, dass ihn Drohgeb?en aus Washington bisher wenig beeindruckt haben.

Quelle

Antworten Zuletzt bearbeitet am 31.07.2010 22:13.

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